«Genug gefeiert, ich will mehr»
18.04.2019 RingenRandy Vock war nach der Bronze an der EM ein gefragter Mann – Er spricht im Interview über die letzten Tage
Lange Party-Nächte, viele Interviews und grosse Anerkennung: Nach der Bronzemedaille an der Europameisterschaft in Rumänien ...
Randy Vock war nach der Bronze an der EM ein gefragter Mann – Er spricht im Interview über die letzten Tage
Lange Party-Nächte, viele Interviews und grosse Anerkennung: Nach der Bronzemedaille an der Europameisterschaft in Rumänien folgte für Randy Vock (25) eine ereignisreiche Zeit. «Unglaublich, was alles abging», sagt Vock.
Stefan Sprenger
Sind Sie wieder nüchtern?
Randy Vock: (Lacht laut) Ja, langsam geht es wieder.
Nach Ihrem Gewinn der Bronzemedaille sind Sie am Flughafen in Kloten gebührend in Empfang genommen worden. Erzählen Sie.
Es war überwältigend. Rund 70 Leute waren da, machten Lärm und begrüssten mich auf unglaubliche Art und Weise. Sie haben noch einen Thron organisiert. Damit bin ich dann nach Hause getragen worden.
Sie mussten also keinen Schritt laufen?
(Lacht) Das war das Ziel, ja. Wir sind von Kloten bis Mühlau mit dem Zug und dem Bus gefahren und ich wurde ausschliesslich getragen – ausser auf die Toilette. Dann ging das Fest in der NL-Bar in Mühlau so richtig los. Über 100 Menschen feierten mit, die Party ging bis in die Morgenstunden. Und irgendwann, als es langsam Morgen wurde, hat Pascal Strebel bei sich zu Hause noch Spaghetti gekocht, damit wir nicht verhungern (lacht). Einen Abend später feierten wir nochmals – allerdings in kleinerem Rahmen. Es wurde aber wieder spät. Oder früh.
Party beiseite: Haben Sie mittlerweile realisiert, was diese Medaille bedeutet?
Ich habe ein paar Tage gebraucht. Zu Beginn war es für mich schwierig einzuschätzen, mittlerweile weiss ich, dass es etwas Grosses ist, was ich da geschafft habe. Gross für mich und gross für die ganze Ringer-Schweiz. Darauf bin ich stolz. Es ist ein unglaublich gutes Gefühl.
Das Interesse an Ihrer Person war nach der EM-Bronze riesig. Wie erlebten Sie diese Zeit?
Ich hab rund ein Dutzend Interviews – beispielsweise im Schweizer Radio SRF – gegeben und erhielt sehr viele Glückwünsche von überallher. Das erlebt man nicht alle Tage. Ich habe es genossen.
Den EM-Bronze-Kampf gegen den Mazedonier Elmedin Seifulau konnten Sie äusserst knapp mit 6:5 gewinnen. Haben Sie sich den Kampf nochmals angesehen?
Ja. Als alle Feierlichkeiten vorbei waren, habe ich mir den Kampf in aller Ruhe nochmals angeschaut. Ich kriegte nochmals Hühnerhaut und habe mitgefiebert, als sei es live. Die letzten Sekunden des Kampfes waren stark.
Erzählen Sie.
Ich wusste, dass alles möglich ist, auch wenn ich zurücklag. Mein guter Kumpel Reto Gisler, mit dem ich stets in Kontakt war, hat mir das auch immer gesagt. Er meinte: «Kämpfe so, als wäre es der letzte Kampf deiner Karriere.» Und das tat ich und habe in den letzten Sekunden die Bronzemedaille geholt.
Reto Gisler war enorm wichtig für Sie.
Ja. Und das schon seit langer Zeit. Nachdem ich mit so oft verletzt habe in der Vergangenheit, sagte er mir, ich solle zwei Schritte zurückmachen, um wieder nach vorne gehen zu können. Es war im Nachhinein genau die richtige Taktik. Reto Gisler hat einen grossen Anteil am Erfolg. Auch Stefan Reichmuth, der Ringer aus Willisau, hat mich nach seinem Ausscheiden an der EM enorm unterstützt. Er war auch bei den Partys im Freiamt dann voll dabei. Er ist ein herrlicher Typ.
Wie erlebten Sie den Support der Ringerstaffel Freiamt?
Ach, die sind sowieso unglaublich. Ohne sie würde alles gar nicht funktionieren. Ich bin allen von der RS Freiamt enorm dankbar für alles, was sie tun.
Sie wohnen zwar in Muri, haben aber über 20 Jahre lang in Niederwil gewohnt. Haben Sie etwas von Ihrer Heimatgemeinde gehört?
Nein, bis jetzt nicht.
Vor wenigen Tagen hatten Sie einen besonderen Auftritt im Trainingslager des Ringernachwuchses.
Ja, ich wurde angefragt, ob ich vorbeikommen kann. Ich habe momentan Ferien und es war natürlich Ehrensache, vorbeizugehen beim Nachwuchs der RS Freiamt. Ich leitete ein Training und habe bemerkt, dass mich die Kinder mit riesigen Augen ansehen. Es waren rund 30 Kinder da und sie waren alle sehr nervös, zittrig und hatten grossen Respekt vor mir. Für einmal fühlte ich mich wie ein Star, das ist eher gewöhnungsbedürftig (lacht). Ich habe danach auch Autogramme verteilt und mit den Kindern Fotos gemacht. Es war schön zu sehen, wie sie sich freuen.
Sie erlebten in der Vergangenheit viele Rückschläge, verletzten sich oft. Waren diese Bronzemedaille – und solche Momente wie mit dem Ringernachwuchs – so etwas wie eine Genugtuung für all das harte Training?
Ja. Diese Bronzemedaille bedeutet für mich eine Würdigung meiner Leistungen und Entbehrungen. Für mich ist klar: Ich möchte das nochmals erleben. Ich habe nun genug gefeiert, ich möchte mehr.
An der Weltmeisterschaft in Kasachstan im September zum Beispiel?
Das ist mein nächstes grosses Ziel. Ich will da unter die ersten acht kommen. Am 25. April geht es bereits weiter mit einem Trainingslager in Magglingen. Bis dahin will ich meine kurze Pause geniessen und mich vollständig erholen.
Erholen vom Ringen oder von den Partys?
Von beidem (lacht).