Zwei Drogendealer vor Gericht
23.11.2018 Gericht«Es tut mir leid, was ich während meiner Jugendzeit angestellt habe», sagte einer der Angeklagten als Schlusswort. Noch wusste er nicht, welche Strafe ihm angehaftet wird. Zwei ehemals gute Freunde, heute 21- und 23-jährig, mussten sich vor dem Murianer Bezirksgericht ...
«Es tut mir leid, was ich während meiner Jugendzeit angestellt habe», sagte einer der Angeklagten als Schlusswort. Noch wusste er nicht, welche Strafe ihm angehaftet wird. Zwei ehemals gute Freunde, heute 21- und 23-jährig, mussten sich vor dem Murianer Bezirksgericht verantworten. Die Delikte, die ihnen die Staatsanwaltschaft zur Last legte: Mehrfache Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz, mehrfache Weitergabe von Betäubungsmitteln an Personen unter 18 und mehrfacher Konsum von Betäubungsmitteln. Ihre Anwälte beantragten schon zu Beginn, die Beweisaufnahme als widerrechtlich einzustufen, weil ihren Mandanten nicht von Anfang an Verteidiger zur Seite gestellt wurden. Das Gericht folgte aber der Linie der Staatsanwaltschaft, wenn auch ein Stück milder. --ake
Falscher Weg aus der Finanzkrise
Vor Bezirksgericht Muri wegen Konsum, Anbau und Handel mit Betäubungsmitteln
Zusammen haben sie während der Dauer eines Jahres nicht nur Marihuana konsumiert, sondern auch damit gehandelt. Dafür wurden zwei junge Männer zu bedingten Freiheitsstrafen und Geldstrafen verurteilt. Sie gingen banden-, aber nicht gewerbsmässig vor.
Annemarie Keusch
Wie viel Marihuana sie verkauften, respektive wie viel ihnen nachgewiesen werden konnte, das war mitunter einer der grössten Streitpunkte. Auch den Umsatz und den Gewinn, den sie mit ihrem Handel erzielten, musste das Gesamtgericht während der Urteilsbesprechung nochmals durchrechnen. Kompliziert machte die Sache zudem, dass nicht alle Einvernahmen verwertbar waren und es zu definieren galt, welche Erkenntnisse aus diesen unverwertbaren Einvernahmen gewonnen wurden.
Angeklagt waren zwei junge Männer, die während der Tatdauer noch in der Lehre waren. Ihre finanzielle Situation war angespannt – der Handel mit Betäubungsmitteln ihre Lösung dazu. Nachweislich handelten sie vom 1. November 2015 bis zum 2. Dezember 2016 mit Betäubungsmitteln, grossmehrheitlich mit Marihuana, aber auch mit Haschisch. Das Ganze flog nach einer Hausdurchsuchung bei einem der Angeklagten auf und wurde dank der Auswertung seines Mobiltelefons konkreter.
Anträge schon vor der Verhandlung
Aber schon vor der eigentlichen Verhandlung lieferten sich die Staatsanwältin und die beiden Anwälte der Angeklagten einen juristischen Streit. Die Anwälte beantragten, noch mehr Beweismaterial als unverwertbar zu taxieren. Dies, weil den Angeklagten nicht von Anfang an ein Verteidiger zur Seite gestellt wurde, aber auch, weil ein Polizist in einer Einvernahme dem einen Angeklagten gesagt habe, dass ein Handy nicht eingezogen werde, wenn er den Namen seines Mittäters preisgibt. «Es ist lebensfremd, wenn der Angeklagte geglaubt hat, dass sein Telefon nicht beschlagnahmt und ausgewertet würde. Zudem wäre spätestens dort der Name des Mittäters aufgetaucht. Eine Einvernahme ist keine Wellness-Oase», konterte die Staatsanwältin.
Schliesslich folgte das Gesamtgericht unter dem Vorsitz der Gerichtspräsidentin Simone Baumgartner den Anträgen der Staatsanwältin, mit Ausnahme jener Einvernahme, die schon vor dem Prozess als unverwertbar deklariert wurde. Sie betonte aber: «Wir werden sehr wohl differenziert betrachten, welche Erkenntnisse aus der Einvernahme stammen, die nicht verwertbar ist.»
Banden-, aber nicht gewerbsmässig
In der Urteilsverkündung sprach die Richterin beim einen Angeklagten von 1,2 Kilogramm Marihuana, das dieser verkauft habe, und dass daraus 2400 Franken Gewinn resultieren, beim anderen von 1500 Franken Gewinn. Die Strafe für beide fiel im ähnlichen Rahmen aus. Beide wurden zu einer bedingten Freiheitsstrafe verurteilt mit einer Probezeit von drei Jahren. Der Hauptangeklagte – bei ihm wurde die Hausdurchsuchung durchgeführt, bei der auch zwei Pflanzenstauden entdeckt wurden – muss bei einem weiteren Vergehen 14 Monate hinter Gitter, sein Mittäter 13 Monate. Beide haben eine Busse von tausend Franken zu zahlen oder eine Ersatzhaftstrafe von zehn Tagen abzusitzen. Beide müssen die Verfahrenskosten übernehmen und ihre Anwaltskosten zahlen, sobald ihre finanzielle Lage dies zulässt.
Das Gericht sei einstimmig zum Entschluss gekommen, dass der Referenzwert für Gewerbsmässigkeit nicht erfüllt war, wie es die Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift ausführt. Bestätigt sah die Staatsanwältin im Urteil des Gerichts hingegen die Bandenmässigkeit. Beide Anwälte der Angeklagten wiesen dies vehement zurück. Laut Simone Baumgartner gibt es mehrere Aspekte, die das Gericht auf Bandenmässigkeit habe entscheiden lassen. «Es ist einerseits die Zeitdauer. Sie haben nicht einmalig 500 Gramm Marihuana verkauft, sondern kleinere Mengen in regelmässigen Abständen vertickt», führte sie aus. Per Chat haben sie über Absatzmöglichkeiten diskutiert, sich gegenseitig kontrolliert und den Rücken gestärkt. «Sie haben sich als Team gefühlt und sich auch als solches bezeichnet», erklärte sie weiter. Das Ganze spreche für Bandenmässigkeit, auch wenn es sich «nur» um «harmlosere» Drogen handelt.
Sich von den Drogen abgewandt
Verurteilt wurden die beiden auch deswegen, weil sie Betäubungsmittel an unter 18-Jährige verkauften. Die Anwälte betonten zwar, sie hätten dies nicht wissentlich gemacht. Das Gericht folgte aber der Argumentation der Staatsanwältin. «Sie sagten, dass sie das Marihuana nur an gute Freunde verkauft haben. Und von guten Freunden weiss man, ob sie volljährig sind oder nicht.»
Beiden stellt die Gerichtspräsidentin aber eine positive Diagnose aus. Dies, weil beide glaubhaft betonten, seit der Hausdurchsuchung keine Betäubungsmittel mehr zu konsumieren und sich von diesen Kreisen distanziert zu haben. Beide gehen geregelter Arbeit nach – der Hauptangeklagte zwar nur noch bis Ende Monat. «Ich bin aber zuversichtlich, bald wieder etwas zu finden.» Und auf Nachfrage der Gerichtspräsidentin betonte er, auch nicht rückfallgefährdet zu sein, wenn er während zwei, drei Monaten nichts verdient. «Ich will mit Drogen nichts mehr am Hut haben.»
Gericht glaubt, dass sie alles bereuen
Die beiden heute 23- und 21-jährigen Angeklagten betonten zudem, wie leid ihnen das Ganze tue und wie sehr sie unter der Strafuntersuchung litten. «Vor allem während der Lehrabschlussprüfung waren diese zusätzlichen Gedanken schon stressig», betonte der Mitangeklagte. Ähnlich formulierte es der Hauptangeklagte. Beide bedauern zudem, dass im Zuge der ganzen Sache ihre Freundschaft sehr gelitten hat. «Früher waren wir immer füreinander da. Diese Sache hat alles kaputtgemacht», sagte der Mitangeklagte.
Zum Sachverhalt, zu den Gründen ihres Handelns und zu Mengen und Preisen gaben vor Gericht beide keine Auskunft. So wurden die Zahlen ausschliesslich von den Anwälten und der Staatsanwältin taxiert, vom Gericht nochmals durchgerechnet und schliesslich für einen Mittelwert entschieden. Beide müssen zur Freiheits- und zur Geldstrafe eine Ersatzforderung in der Höhe von gut 1100 Franken zahlen. «Ich hoffe, dass es so ist, wie Sie es heute bezeugten. Dass Sie clean sind und dass Sie die Sache bereuen», schloss Gerichtspräsidentin Simone Baumgartner die Urteilsverkündung.