WM-Titel à la Hollywood
06.11.2018 SportKickboxen: Die Murianerin Priscilla Staubli holt an der WM in Athen zwei Medaillen
Im Sanda ist Priscilla Staubli seit Jahren eine nationale Grösse. Jetzt ist ihr an der Weltmeisterschaft in Athen auch im Kickboxen der Durchbruch gelungen. Dabei hatte ...
Kickboxen: Die Murianerin Priscilla Staubli holt an der WM in Athen zwei Medaillen
Im Sanda ist Priscilla Staubli seit Jahren eine nationale Grösse. Jetzt ist ihr an der Weltmeisterschaft in Athen auch im Kickboxen der Durchbruch gelungen. Dabei hatte sie vor und während dem Turnier mit zahlreichen Widrigkeiten zu kämpfen.
Josip Lasic
«Ich kann es nach wie vor nicht richtig fassen», sagt Priscilla Staubli. An den Weltmeisterschaften in Athen konnte sie sich den Weltmeistertitel im Vollkontakt-Kickboxen und den Vizeweltmeistertitel im K1 sichern. Ihre grössten sportlichen Erfolge. «Im Sanda startete ich an drei WM-Turnieren und schied immer vorzeitig aus. Dort konnte ich zumindest je einmal Europameisterin im Voll- und einmal im Leichtkontakt werden. Dass ich im Kickboxen an der ersten WM so erfolgreich bin, überrascht mich selbst.»
Die 33-jährige Murianerin ist eigentlich im Sanda, der Vollkontaktvariante des Kung-Fu, zu Hause. Neben den Faustschlägen und Kicks sind dort, im Gegensatz zum Kickboxen, auch Griff- und Wurftechniken erlaubt. Da in der Schweiz nur wenige Frauen Sanda auf ihrem Niveau betreiben, hat sie zusätzlich mit dem Kickboxen angefangen. «Für meinen Geschmack hatte ich zu wenige Kämpfe. Dazu meist gegen die gleichen Gegnerinnen. Ich brauchte Abwechslung.»
Filmreifes Comeback
Das letzte Jahr lief für die Freiämterin nicht wie gewünscht. Deshalb hat sie ein halbes Jahr pausiert. Umso überraschter war sie, als sie für die Weltmeisterschaft in Athen aufgeboten wurde. «Ich wurde nachnominiert», sagt sie. «Die ursprüngliche Kandidatin in der Kategorie bis 65 kg war verletzt. Als ich die Meldung erhielt, dass ich im WM-Kader bin, war ich sieben Kilo zu schwer.»
Ab August hat sie fünfmal die Woche trainiert und zusätzlich eine Konditionstrainingseinheit eingebaut. Trainiert hat sie in der Kampfkunstschule Muri und zusätzlich einbis zweimal die Woche in Biel bei Nationaltrainer Roger Rubi. «Er betreibt eine Muay-Thai-Boxing-Schule. Dort konnte ich mich zusätzlich auf die Kämpfe im K1 vorbereiten, wo auch Schläge mit dem Knie erlaubt sind.» Um genug Zeit für den Sport zu haben, hat Staubli sogar ihre Arbeitsstelle gewechselt. Sie ist bei einem Unternehmen in Luzern beschäftigt, das Glasfaserkabel herstellt. «Früher war ich im Service tätig. Mit den unregelmässigen Arbeitszeiten konnte ich mein Training nicht gut planen. In der Fabrikation funktioniert das optimal.»
Weltmeisterin trotz Grippe
Dass ihre Vorbereitung gelungen ist, konnte man an den Ergebnissen in Athen sehen. Obwohl sie nicht in ihrer ursprünglichen Disziplin angetreten ist, konnte sich Staubli in beiden Kategorien bis in den Final durchkämpfen. «Ich hatte fünf Kämpfe an einem Tag und die beiden Finalkämpfe am nächsten», sagt die Murianerin. Erschwerend für sie war, dass sie sich eine Grippe eingefangen hatte und die meisten ihrer Gegnerinnen nur in einer Kategorie starteten und so ausgeruhter waren.
Staubli liess sich davon nicht beeindrucken. Zwei Kämpfe konnte sie vorzeitig gewinnen. In den übrigen musste sie die volle Kampfzeit von zweimal zwei beziehungsweise dreimal zwei Minuten in den Finalkämpfen bestreiten. «Ich musste Grippemedikamente schlucken, aber danach ging es», erzählt sie. Der Aufwand hat sich gelohnt. Staubli hat allen Widrigkeiten getrotzt und sich einen Weltmeister- und einen Vizeweltmeistertitel geholt. «Ich dachte, dass ich voller Blessuren nach Hause kommen würde, da es zwei ungewohnte Stilrichtungen für mich waren. Doch ich kam noch nie so heil von einem Turnier nach Hause zurück.»
Eine Kämpferin, die nachnominiert wird, krank antreten muss und dann den Titel holt. Eine Story, die nach einem Hollywood-Drehbuch klingt. Auch wenn sie es noch nicht richtig fassen kann, für Priscilla Staubli ist sie Realität.