Klare Forderung an Gemeinderat
27.11.2018 ParteienWohlen: Steuerfusserhöhung um fünf Prozent vom Stimmvolk deutlich verworfen
Fast 60 Prozent Nein. Das ist eine klare Absage zur Steuerfusserhöhung in Wohlen. Und wem gehört der Sieg? Die Budget-Gegner FDP und SVP sind eher im ...
Wohlen: Steuerfusserhöhung um fünf Prozent vom Stimmvolk deutlich verworfen
Fast 60 Prozent Nein. Das ist eine klare Absage zur Steuerfusserhöhung in Wohlen. Und wem gehört der Sieg? Die Budget-Gegner FDP und SVP sind eher im Clinch.
Daniel Marti
«Gemeinderat und Einwohnerrat entscheiden zu oft am Volk vorbei.» Diese Feststellung ist für Roland Büchi, Präsident der SVP Wohlen, unumstösslich. Jüngster Beweis ist für ihn das Nein zum Steuerfuss von 115 Prozent. Diesen Erfolg schreibt er nur auf die Fahne der Volkspartei. Den Freisinnigen überlässt Büchi die Brosamen. «Die FDP ist auf unseren Zug aufgesprungen, wir alleine haben die Arbeit gemacht.» Mit diesem Votum stellt Büchi klar, dass die SVP auf niemanden zugehen wird. Keine Annäherung an die FDP, die für 113 Prozent einsteht, und keine Annäherung an den Gemeinderat. «Wir brauchen keine puren Nein-Sager», kontert dagegen Thomas Hoffmann, Präsident der FDP Wohlen, der bei einem Kompromiss wohl mehr auf den Gemeinderat als auf die Volkspartei setzt. Die Freisinnigen stellen klare Forderungen an den Gemeinderat: keine Mehrkosten, Einsparungen in der Höhe einer halben Million Franken, Nullrunde fürs Gemeindepersonal, Umsetzung der Motion für einen ausgeglichenen Haushalt.
Für den Gemeinderat brechen also stressige Tage an. Er muss aus der Niederlage die richtigen Schlüsse ziehen, die Balance im Finanzhaushalt bewahren und noch vor Weihnachten ein neues Budget präsentieren. Vieles ist bisher dem Gemeinderat in der neuen Zusammensetzung gelungen. Nun diese Niederlage. Gar ein Dämpfer? «Das ist kein Dämpfer», sagt Gemeindeammann Arsène Perroud. «Wir wissen ja, dass Steuerfusserhöhungen oder Grünabfuhr-Gebühren es schwer haben, an der Urne durchzukommen.» Das Stimmvolk hat laut Gemeindeammann die Vorstellungen des Gemeinderates nicht mitgetragen. «Das ist unschön, aber kein Dämpfer.»
Zwei Sieger, aber kaum Einigkeit
Budget 2019: 59,1 Prozent des Stimmvolkes sagen Nein – SVP und FDP waren mit ihren Kampagnen erfolgreich
Volkspartei und Freisinn. Sie triumphierten über den Rest. Was allerdings die revidierte Fassung des Budgets angeht, zeichnet sich bei SVP und FDP weder Einigung noch Kompromiss ab.
Daniel Marti
Freude. «Nein», sagt Thomas Hoffmann, Präsident der FDP Wohlen, «das ist das falsche Wort. Er sei froh, dass das Stimmvolk den Steuerfuss von 115 Prozent abgelehnt hat, «und ich fühle mich in unserer Politik bestätigt», erklärt er. Aber reine Freude oder gar Schadenfreude verspürt er deswegen nicht. Und er ist sich auch sicher, dass nicht nur SVP- und FDP-Wähler zu diesem Resultat beigtragen haben. «Da waren auch Mitglieder anderer Parteien dabei, vor allem von der CVP», vermutet er.
Keine Mehrkosten und eine Nullrunde fürs Personal
Weil das Resultat mit 59,1 Prozent Nein-Stimmen sehr klar ist, hat Hoffmann auch Erwartungen, die er nun an den Gemeinderat richtet. «Wir werden unseren Weg konsequent weitergehen.» Die Forderung der Freisinnigen: 500 000 Franken weniger Ausgaben. «Das ist machbar ohne Leistungsabbau.» Und ein Steuerfuss von 113 Prozent. «Auch machbar. So bleibt die Selbstfinanzierung in etwa gleich.» Forderung Nummer drei betrifft die Motion AHA, ausgeglichener Haushalt. «Diesen Vorstoss muss der Gemeinderat nun endlich umsetzen. Ob zusammen mit der Verwaltung oder mit einer noch zu gründenden Kommission.» Das sei der FDP egal. Aber es sei natürlich wünschenswert, wenn Finanzexperten beigezogen werden.
Ansonsten gibt Thomas Hoffmann den Tarif bei den Ausgaben bekannt: «Wir wollen Mehrkosten konsequent streichen. Beim Gemeindepersonal muss es eine Nullrunde beim Lohn geben. Viele kleinere Kürzungen ergeben zuletzt einen grossen Haufen.» Vielleicht könne der Gemeinderat mit dem revidierten Budget verbesserte Prognosen bekannt geben. «Aber einen grossen Wurf können auch wir nicht präsentieren», sagt Hoffmann. Ausser, dass Entscheidungen, die vor 10 oder 20 Jahren gefällt wurden und das Budget belasten, «wieder einmal hinterfragt werden».
Drei Prozent – mehr nicht
Und was den Finanzplan angeht, da verlangen die Freisinnigen nur die Umsetzung dessen, «was wir wirklich brauchen». Und alles müsse so günstig wie möglich sein. «Auch beim Schulhaus darf es nur ein Zweckbau sein.» Dann verlangt der FDP-Präsident noch eine Verlangsamung bei der Umsetzung. 110 Millionen Franken innert zehn Jahren – so lautete das Aktionsprogramm des Finanzplans. «Diese Zeitachse funktioniert so nicht. Wohlen hat ja gar nicht die Kapazität, um alles in diesem Tempo durchzustehen», betont der FDP-Präsident.
Als grosse Siegerin betrachtet Thomas Hoffmann seine Partei nicht. «Nein, es ist nur schade, dass es nun eine Zusatzschlaufe benötigt. Wäre der Gemeinderat gescheiter gewesen, dann hätte er jetzt ein bewilligtes Budget.» Er rechnet gleich vor: Die neue Badi, die Eisbahn und der neue Bahnhof belasten die Rechnung künftig mit knapp drei Steuerprozenten. «Genau in diesem Umfang braucht es eine Steuerfusserhöhung.» Nicht mehr und nicht weniger.
«SVP allein auf weiter Flur»
Ob die FDP bei der Zweitauflage mit der SVP zusammenspannen wird? Diesen Schulterschluss wird es kaum geben. Denn die FDP wird nicht Richtung Volkspartei umschwenken. Und sowieso, die Volkspartei sieht sich als alleinige Siegerin der Budgetabstimmung. «Wir sind sehr zufrieden mit dem Ergebnis», sagt SVP-Präsident Roland Büchi. «Wir stehen in dieser Sache allein auf weiter Flur. Erst danach ist die FDP noch auf den Zug aufgesprungen. Wir haben die grösste Arbeit im Abstimmungskampf geleistet.» Basta. Büchi ordnet den Erfolg nur seiner Partei zu. Und das deutliche Nein hat er so erwartet. «Alles andere wäre eine Überraschung gewesen.» Die SVP war nicht nur in der Vergangenheit konsequent, das gleiche Vorgehen wählt Büchi auch in Zukunft. «Es gibt keine Annäherung. Ein Budget und ein Steuerfuss sind einfach keine Wunschkonzerte.»
Die SVP werde bei ihren geforderten 110 Prozent bleiben, also bei einem unveränderten Steuerfuss. «Im Budget hat nur Platz, was wir brauchen. Und nicht etwa, was der Gemeinderat haben will.» Die SVP signalisiert also nichts, was auf einen möglichen Kompromiss hindeuten könnte. «Die Ausgabenseite muss deutlich zurückgehen», so Büchi.
«Der Einwohnerrat nimmt die SVP nicht ernst»
Aber seine Partei sei nicht «etwa weltfremd», räumt Büchi ein. «Wenn es irgendwann einmal nicht mehr anders geht, kann man mit uns über eine Steuerfusserhöhung diskutieren. Aber sicher nicht gleich mit einer fünfprozentigen Erhöhung.»
Roland Büchi sieht noch ein anderes Problem. Er befürchtet, dass «die SVP im Einwohnerrat einfach zu wenig ernst genommen wird. Dabei entscheidet der Einwohnerrat sehr oft am Volk vorbei.»
Und gewiss, die beiden Präsidenten der SVP und der FDP haben auch schon die wesentlichen Zahlen zusammen angeschaut. «Aber wir sind nicht auf eine gemeinsame Linie gekommen.» Irgendwann könne es einen Kompromiss mit der SVP geben, sagt Büchi noch. «Aber nicht so und nicht jetzt.»