Neue Richterin aus Wohlen
16.10.2018 GerichtAls Isabelle Wipf 1993 als Frau und Mutter zweier Kinder zur Vizepräsidentin des Bezirksgerichts Bremgarten gewählt wurde, war dies eine Premiere für den Kanton Aargau. Im August 2019 geht Wipf in den Ruhestand. Ihre Nachfolgerin ist erneut eine Frau und Mutter zweier Kinder: Corinne Moser aus ...
Als Isabelle Wipf 1993 als Frau und Mutter zweier Kinder zur Vizepräsidentin des Bezirksgerichts Bremgarten gewählt wurde, war dies eine Premiere für den Kanton Aargau. Im August 2019 geht Wipf in den Ruhestand. Ihre Nachfolgerin ist erneut eine Frau und Mutter zweier Kinder: Corinne Moser aus Wohlen.
Derzeit arbeitet Moser noch als Rechtsanwältin in der Wohler Kanzlei Fricker/Seiler. Die Wahl ist für die 33-Jährige eine Rückkehr. Nach nach der Anwaltsprüfung war sie einige Zeit als Gerichtsschreiberin in Bremgarten tätig. Auf ihr neues Amt freut sie sich sehr.
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Den Seitenwechsel vollzogen
Die Wohlerin Corinne Moser in stiller Wahl als Richterin ans Bezirksgericht gewählt
Auf einen Wahlkampf konnte sie verzichten – Corinne Moser war die einzige Kandidatin für das frei werdende Amt im Bezirk Bremgarten. Für sie geht ein grosser Wunsch in Erfüllung. «Ich habe schon immer einmal mit dem Richteramt geliebäugelt», gibt sie zu.
Chregi Hansen
Seit etwas mehr als sechs Jahren arbeitet die Wohlerin als Anwältin in der Kanzlei Fricker/Seiler in Wohlen. In dieser Zeit hat sie etliche Fälle vor dem Gericht in Bremgarten vertreten. In Zukunft wird sie noch viel häufiger im Bezirkshauptort anzutreffen sein. Corinne Moser tritt im kommenden Sommer die Nachfolge von Isabelle Wipf an, welche in den Ruhestand geht.
Für die Ersatzwahl ging bis zum Ablauf der Anmeldefrist nur eine Kandidatur ein. Und in der angesetzten Nachmeldefrist, welche bis Mittwoch dauerte, wurden keine weiteren Wahlvorschläge eingereicht. So konnte eine stille Wahl vorgenommen werden. Für Corinne Moser hat das zwei Seiten. «Persönlich freue ich mich, dass ich keinen Wahlkampf machen muss. Das liegt uns Juristen weniger als den Politikern», sagt sie. Aber: Ein Sieg bei einer Kampfwahl kann beim Volk den Anschein einer grösseren Legitimation erwecken. Das bedeutet aber nicht, dass sie sich nicht genügend legitimiert fühlt. «Ich kenne die Juristerei von allen Seiten und in all ihren Abläufen», sagt sie von sich selber.
Als Gerichtsschreiberin schon in Bremgarten tätig
Corinne Moser ist in Wohlen aufgewachsen und hat hier die Kanti besucht. Später folgte das Studium an der Uni Fribourg. Aber warum Jura? «Ich liebe es, logisch zu denken und mag Sprachen. Eigentlich hätte ich gerne Philosophie studiert, aber das ist dann doch eher brotlos», lacht sie. In der Juristerei kann sich Logik und Sprache verknüpfen und man hat mit Menschen zu tun, das gefällt ihr. Nach dem Studium absolvierte sie Praktika am Gericht und bei der Staatanwaltschaft, nach der Anwaltsprüfung war sie einige Zeit als Gerichtsschreiberin in Bremgarten tätig. Nun also kehrt sie dahin zurück.
Sie freut sich auf den Rollenwechsel. «Ich bin gerne Anwältin. Aber in dieser Funktion vertrete ich in erster Linie die Anliegen der Klienten. Als Richterin bin ich eher Vermittlerin, suche nach Lösungen, bin bestrebt, den Rechtsfrieden herzustellen. Dies entspricht eher meiner Art.» Nicht ohne Grund hat sie bereits eine entsprechende Weiterbildung für das Richteramt besucht, ihre Bewerbung kam daher für ihre Kanzlei nicht ganz überraschend, auch wenn der Weggang bedauert wird. Als Richterin ist es ihr Ziel, auf die Leute einzugehen, sie zu verstehen. Und ihnen einen Sachverhalt oder ein Urteil so zu erklären, dass sie es verstehen. «Das Juristendeutsch verstehen nur die wenigsten», weiss sie. Und dass sie bisher als Anwältin gearbeitet hat, sieht sie dabei als Vorteil. «Ich weiss, wie sie vorgehen», schmunzelt sie.
Sie ist sich bewusst, dass Richter immer mehr im Fokus der Medien und der Öffentlichkeit stehen und für ihre Urteile auch mal heftig kritisiert werden. «Das erlebt man auch als Anwältin. Damit muss man umgehen können.» Und dass ein höheres Gericht mal ein Urteil der unteren Instanz kippt, bedeute nicht unbedingt, dass man schlecht gearbeitet hat. Manchmal werde eben ein Argument anders gewichtet, wird der Fokus etwas anders gelegt. Apropos Fokus. Moser findet es gut, dass im Aargau noch Laien am Bezirksgericht mitwirken. «Sie bringen durch ihre persönliche und berufliche Erfahrung eine andere Sichtweise in die Urteilsberatung ein», ist sie überzeugt.
Der Ehemann als Staatsanwalt? Das geht durchaus
Die 33-Jährige geht ihr neues Amt «mit Respekt» an. Dabei profitiert die Mutter zweier Kinder, dass sowohl die Eltern wie die Schwiegereltern in der Nähe wohnen und sich gerne um die Enkel kümmern. Apropos Familie: Ist es kein Problem, dass ihr Mann als Staatsanwalt teilweise im gleichen Bezirk arbeitet? «Nein», sagt sie mit Überzeugung. «Wir standen schon bisher auf verschiedenen Seiten. Es darf bei den Fällen einfach keine Überschneidungen geben. Aber das ist allen Beteiligten bewusst.» Und am Küchentisch zu Hause ist sie froh, wenn sie nicht über juristische Probleme diskutieren muss. Zudem lege der Kanton klar fest, in welchen Fällen es sich um eine Unvereinbarkeit handle. Hier ist dies nicht so.
Ab dem Sommer wird Corinne Moser also in Bremgarten tätig sein. Es handelt sich um ein 85-Prozent-Pensum. So bleibt ihr auch noch Zeit für die Familie und ihre Hobbys. Dazu gehören das Lesen und der Sport, in erster Linie Tennis, wo sie es zu einer beachtlichen R5-Klassierung gebracht hat. «Es tut gut, sich nach einem Tag im Büro auszupowern», sagt sie. Und da auch die Tage am Gericht durchaus lang werden können, wird sie diesen Ausgleich sicher auch in Zukunft brauchen.