Eine Reise für das Leben
16.10.2018 MutschellenMutschellen: Fussballbegeisterte Kinder aus Kolumbien lernen die Region kennen
Bereits vor drei Jahren sammelte William Castaneda Trainingskleidung für Kolumbien und brachte das Gesammelte in sein Heimatland. Dieses Mal sind die Kinder und Jugendlichen aus ...
Mutschellen: Fussballbegeisterte Kinder aus Kolumbien lernen die Region kennen
Bereits vor drei Jahren sammelte William Castaneda Trainingskleidung für Kolumbien und brachte das Gesammelte in sein Heimatland. Dieses Mal sind die Kinder und Jugendlichen aus Lateinamerika in der Schweiz. Für ihre erste grosse Reise haben sie drei Jahre lang gespart.
Sabrina Salm
«Es gibt nichts gratis im Leben», sagt William Castaneda. Diese wertvolle Lektion bringt der zweifache Vater nicht nur seinen Söhnen bei. Auch den Kindern und Jugendlichen des Coaching FC aus Kolumbien, die zurzeit in der Schweiz weilen. «Du kannst alles erreichen im Leben, wenn du dafür arbeitest», lautet seine Devise.
Er selber ist ein gutes Beispiel dafür. «Ich wuchs in sehr armen Verhältnissen auf», erzählt William Castaneda. Fussball und die Schule hätten ihm und seinen drei Brüdern geholfen, nicht in den Sog der Kriminalität von Bogota zu geraten. Auch heute noch ist Kolumbien ein armes Land und die meisten der Kinder im Süden Bogotas leben in einer schwierigen Umgebung.
Bessere Welt erleben
Für die Minderpriviligierten seines Heimatlands sammelt William Castaneda Trainingskleidung. Bereits vor drei Jahren, als er noch beim FC Tägerig als Juniorentrainer tätig war, durfte er Spenden nach Kolumbien bringen. Vor Ort im Süden von Bogota kümmert sich sein Bruder Freddy darum, dass die Hilfe ankommt. In den Trainern Frank und Larry vom Coaching FC haben sie ebenfalls Gleichgesinnte gefunden. «Sie machen eine gute Arbeit und sind für die Kinder wichtige Stützen. Schon damals bei meinem Besuch wuchs der Traum, einigen Kindern eine Reise in die Schweiz zu ermöglichen. Sie sollten die bessere Welt, von der sie immer hören, selber erleben können.» William Castaneda, heute mittlerweile C1-Trainer beim FC Mutschellen, hofft die Kinder und Jugendlichen aus Kolumbien mit der Schweiz-Reise inspirieren zu können. «Damit sie unermüdlich für eine besser Zukunft arbeiten», so der 49-Jährige. Um den Reisetraum wahr werden zu lassen, haben die Kinder und ihre Betreuer Frank und Larry hart gearbeitet. «Drei Jahre lang haben sie für den Kauf der Flugtickets und die Reiseversicherung gespart», erzählt Castaneda, der in Künten wohnt. Die übrigen Kosten in der Schweiz werden von William Castaneda und Sponsoren übernommen. Der Lions Club Mutschellen-Kelleramt sowie die Supporter-Vereinigung des FC Mutschellen unterstützen das Projekt ebenfalls finanziell. Chrigi Meier, Sportchef des FCM und Heribert Isler, ein Lions-Club-Mitglied und Präsident der Supporter-Vereinigung, liefern Ideen für die Zeit des Aufenthalts und fungieren als Fahrer. «So viele Leute, die uns unterstützen, das ist grossartig», sagt William Castaneda und zeigt sich dankbar.
Ebenfalls von den vielen Materialspenden von seinen FC-Mutschellen-Kollegen ist er gerührt. Bei der Übergabe der Spenden strahlten auch die Kinder übers ganze Gesicht. Solche Trainingskleidung, Fussbälle und Schuhe sind für sie ein wahrer Traum. «Sie werden die Sachen mit nach Kolumbien nehmen und mit den 120 Kindern des Vereins Coaching FC mit Freude teilen», ist sich Castaneda sicher.
Von der Disziplin profitieren
Zwei Wochen lang sind die acht Kolumbianer im Alter zwischen 11 und 17 Jahren in der Schweiz. Sie übernachten in der Zivilschutzanlage Künten und lernen sowohl die Schweizer Mentalität wie auch den Schweizer Fussball kennen. Als «sehr taktisch», «direkt» und «hart» beschreiben sie den Fussball, den sie beim Match der 1. Mannschaft gesehen haben. «Wir spielen viel ruhiger und ideenreicher», ist ihnen aufgefallen. Auch ein Training mit den C1-Junioren absolvierten sie. «Es ist anders als bei uns.» Besonders von der Disziplin der Spieler waren sie beeindruckt. «Von dieser Disziplin können wir eine Scheibe abschneiden und diese Eigenschaft mit nach Hause nehmen», meinen sie.
Einen Kulturschock hatten die Kolumbianer nicht wie erwartet von der Temperatur, sondern von der Lautstärke. «Hier ist alles so ruhig», sagt einer der Jungs. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie man hier Stress haben kann.
Jungen Menschen Perspektiven mitgeben
Ausserdem sind sie von der Ehrlichkeit der Leute fasziniert. «Auf unserem Ausflug auf das Stanserhorn hat eines der Kinder seinen Rucksack liegen gelassen. In Kolumbien wäre dieser verloren gewesen. Doch hier in der Schweiz wurde er abgegeben. Davon waren sie schwer beeindruckt», erzählt William Castaneda.
In ihrem vollbepackten Wochenprogramm gehören auch Besuche bei Freiämter Unternehmen dazu. «Damit sie einen Einblick in verschiedene Berufe erhalten.» Mit seinem Projekt will William Castaneda nicht einfach «nur» Materialspenden sammeln und die Kinder und Jugendlichen so unterstützen. Ihm ist es wichtig, ihnen Perspektiven zu geben. «Mit meiner eigenen Geschichte will ich ihnen zeigen, dass es Wege gibt, aus den Slums zu kommen. Dass es Möglichkeiten gibt, gute Menschen zu sein.»



