Das Wetter und das Phänomen
05.10.2018 WetterPatrick Stierli aus Berikon weiss über das Wetter Bescheid wie kaum ein anderer
Er folgte seinem Herzen und hat dadurch seinen Traumjob gefunden. Patrick Stierli ist Meteorologe. Den Grossteil der Arbeit betrifft das Flugwetter. Doch sein Job verfolgt ...
Patrick Stierli aus Berikon weiss über das Wetter Bescheid wie kaum ein anderer
Er folgte seinem Herzen und hat dadurch seinen Traumjob gefunden. Patrick Stierli ist Meteorologe. Den Grossteil der Arbeit betrifft das Flugwetter. Doch sein Job verfolgt ihn durch sein ganzes Leben.
Stefan Sprenger
Ein Thema, über das alle Menschen immer eine Meinung haben? Das Wetter. Es beeinflusst unser alltägliches Leben. Und für Patrick Stierli ist die Wetterdeutung ein Phänomen – und er selbst ist irgendwie auch besonders.
«Sonnenschein ist köstlich. Regen erfrischend. Wind fordert heraus. Schnee macht fröhlich. Im Grunde gibt es kein schlechtes Wetter, nur verschiedene Arten von gutem Wetter.» Dieses Zitat stammt von John Ruskin, einem britischen Schriftsteller. Der Beriker Patrick Stierli findet diese Worte ebenso passend. Für ihn war und ist das Wetter schon immer eine gigantische Faszination.
Nach seiner Lehre als Geräteinformatiker entschied er sich, sein Hobby zum Beruf zu machen. Patrick Stierli – dessen Bruder Andreas bei Handball Wohlen spielt – machte nach drei Jahren Weiterbildung die Erwachsenenmatur. Finanziell sei dies nicht einfach gewesen. Sein Ziel: Meteorologie studieren. In der Schweiz braucht es dafür einige Umwege. An der ETH in Zürich machte Stierli erst das Bachelorstudium in «Erdwissenschaften» und danach den Master mit Vertiefung «Atmosphäre und Klima». Er ging früher nie gerne in die Schule, doch jetzt hatte er Spass am Lernen. «Weil es ums Wetter ging.» Nebst dem Studium arbeitete er Teilzeit, anfangs bei «Brack Electronics» und später bei einem Ingenieurbüro.
Glück führt zum Traumjob
Im vergangenen Jahr schloss er sein Studium ab. Das Problem: Die Arbeitsstellen für Meteorologen in der Schweiz sind sehr rar. «SRF Meteo» und das «Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie Meteo Schweiz» sind beinahe die einzigen Arbeitgeber in dieser besonderen Sparte. Und Patrick Stierli wollte nicht zum Fernsehen. «Ich bin eher ein zurückhaltender Typ», sagt er. Und der in Künten aufgewachsene Mann hatte Glück. Im Juli 2017 wurde bei «MeteoSchweiz» eine Stelle frei – vorher gab es dort rund drei Jahre lang keine Chance auf eine Anstellung. Obwohl Stierli gerade einen anderen Job begonnen hatte in einem Umweltberatungsbüro, musste er die Chance packen. «Es ist mein Traumjob und ich wollte ihn unbedingt.» Er kriegte die Stelle. Ein riesiger Traum ging in Erfüllung.
In seiner Kindheit führte er Wettertagebuch, studierte besondere Wetterphänomene, analysierte die Nebelbildung und ging mit dem Auto auf Sturmjagd – und nun hat er seine Passion zum Job gemacht. Seit einem Jahr arbeitet er bei MeteoSchweiz am Flughafen Zürich (oder in Zürich-Flughafen). Und ist es wirklich ein Traumjob? «Absolut, ja», antwortet er. Und in seinem lächelnden Gesicht sieht man, dass er dies ehrlich meint.
Dann beginnt Stierli von seiner Arbeit zu erzählen und ein Laie versteht nur noch Bahnhof. Einfach gesagt hat der Job von Stierli viel mit dem Flugwetter zu tun. Fast alle Flugplätze der Schweiz benötigen eine aktuelle Wetterprognose. Sonst wird es für Flugzeug und Mensch gefährlich. Wenn die Wetterverhältnisse Extreme annehmen, werden Wetterwarnungen rausgelassen. Er arbeitet im Schichtdienst. Es herrscht 24-Stunden-Betrieb. Das Wetter macht keine Pause. «Am Telefon beraten wir viele Menschen. Beispielsweise Ballonfahrer oder Veranstalter von Events, die im Freien stattfinden», erklärt er. Sein Arbeitsplatz ist geprägt von Bildschirmen mit Wetterdaten und vielen Grafiken. Diese Daten werden dann ausgewertet. Mit anderen Worten: Aus den vorhandenen Beobachtungen (beispielsweise Messwerten, Radar- oder Satellitendaten) und den Modelldaten erkennt Stierli, wie sich alles entwickeln wird. Regnet es? Gibt es das perfekte Grillwetter? Herrscht Gewittergefahr? «Man kann beim Wetter aber nie sicher sein.» Zum Ende des Gesprächs erzählt er von seinen unzähligen Wetterbildern. Denn eine weitere Leidenschaft von ihm ist das Fotografieren. Stundenlang harrt er aus, um den perfekten Schnappschuss zu erwischen. Beispielsweise von einem Blitz, der gerade vom Himmel herabzischt. «Das gibt mir einen Adrenalinkick.» Seine Kamera ist immer dabei, genau wie seine Leidenschaft zum Wetter. «Nun habe ich den Job gefunden, den ich bis zur Pensionierung machen will.» Und vermutlich darüber hinaus
Das Wetter im Freiamt
Meteorologe Patrick Stierli erklärt die Wetterbedingungen im Freiamt
Meteorologe Patrick Stierli hat das Wetter im Freiamt analysiert. Hier seine Worte: «Die Wetterverhältnisse im Freiamt entsprechen im Grossen und Ganzen denjenigen des restlichen Schweizer Mittellandes. Die Schweiz liegt in den mittleren Breiten, weshalb übers Jahr gesehen Westwindlagen dominieren und das Wetter stark durch den Atlantik beeinflusst wird. Westwindlagen sind gekennzeichnet durch wechselhaftes Wetter. Oft überqueren in rascher Abfolge die Warm- und die Kaltfront die Schweiz, gefolgt von einem Zwischenhoch. Im Winter gelangt dadurch meist feucht-milde, im Sommer feucht-kühle Luft zu uns. In den Sommermonaten stellt sich häufig eine sogenannte ‹flache Druckverteilung› über Mitteleuropa ein. Dabei sind die Druckgegensätze nur gering und das Wetter wird durch den Tagesgang bestimmt. Die erste Tageshälfte ist dabei meist sonnig, im Laufe des Nachmittags bilden sich vermehrt Quellwolken und gegen Abend kommt es zu Schauer oder Gewitter. Dieses Jahr waren der Mai sowie die erste Juni-Hälfte durch eine nicht enden wollende Flachdrucklage geprägt. Ebenfalls typisch sind Hochdrucklagen. Im Sommer sorgen sie für stabiles und sonniges Wetter. Im Winter hingegen sind sie vor allem im Freiamt bekannt für eine tagelang andauernde graue Nebelsuppe, während in erhöhten Lagen häufig die Sonne scheint. Für die Art des Nebels ist entscheidend, ob das Hoch direkt über dem Alpenraum oder nördlich der Schweiz zu liegen kommt. Wenn sich das Hoch über der Schweiz positioniert, haben wir durch das grossräumige Absinken der Luftmasse und die windschwache Lage im Mittelland beziehungsweise im Freiamt Bodennebel. Die Nebelobergrenze liegt dann häufig zwischen 500 und 800 m ü. M. und die höher gelegenen Orte können von ihrem Standort profitieren. In dieser Situation ist die Chance auch am grössten, dass sich der Nebel im Laufe des Tages aufzulösen oder zumindest aufzulockern vermag. Wenn wir am Südrand des Hochs positioniert sind, stellt sich im Mittelland eine Bisenlage ein. Dadurch bildet sich eine hartnäckige Hochnebeldecke, welche das Mittelland bedeckt. Die vergangenen Monate waren aussergewöhnlich. Die Westwindzirkulation war von April bis Mitte August blockiert, wodurch diese Periode auch im Freiamt durch eine teils extreme Regenarmut geprägt war.» --red