Der Geschichte auf der Spur
28.08.2018 BoswilErstmals fand in Boswil der kantonale Kulturerbe-Tag statt. An mehreren Stationen im Dorf konnte man Historisches über die Gemeinde erfahren. Auch der Shuttle-Bus begeisterte: Eine Kutsche chaufierte die Gäste.
Geschichte an allen ...
Erstmals fand in Boswil der kantonale Kulturerbe-Tag statt. An mehreren Stationen im Dorf konnte man Historisches über die Gemeinde erfahren. Auch der Shuttle-Bus begeisterte: Eine Kutsche chaufierte die Gäste.
Geschichte an allen Ecken
Spannende Einblicke am kantonalen Kulturerbe-Tag in Boswil
Unter dem Motto «Sharing Heritage», also das Erbe teilen, wurde in Boswil ein etwas anderer Blick auf die Gemeinde ermöglicht. An Führungen, Informationsständen und weiteren interaktiven Möglichkeiten lernten die Besucher, dass die Geschichte der Region bis zurück in die Bronzezeit reicht.
Von Weitem hört man die Schritte der Pferde, die sich dem Gemeindehaus Boswil nähern. Eltern mit ihren Kindern stehen bereit, um mit der Kutsche zur nächsten Station zu gelangen. Denn die insgesamt drei Stationen – bei der Martinskapelle, beim Gemeindehaus und bei der Alten Kirche – haben für Jung und Alt viel zu bieten. Ob archäologische Funde bewundern, Strohflechten lernen oder bronzezeitlichen Schmuck selber machen: die Kantonsarchäologie, der Kantonale Denkmalschutz, die Abteilung Raumentwicklung sowie Bibliothek und Archiv Aargau ermöglichen eine Reise durch die vielfältige Geschichte der Gemeinde.
Die erste Dorfkirche von Boswil
Eine der Stationen fand sich bei der Martinskapelle. Dem Schutzpatron Martin von Tour gewidmet, wurde die Kirche 1690 von Äbten des Klosters Muri erbaut. Für Kantonsarchäologe Stephan Wyss liegt das Spezielle dieser Kapelle aber in der Erde. «Schriften des Klosters Muri haben übermittelt, dass hier vor dem Erbau dieser Kapelle bereits eine Kirche gestanden hat», erklärt Wyss den Besuchern. Als 1997 die Renovation des Fussbodens stattfand, stiess man auf Überreste der alten Kirchenmauer. Durch diesen Fund war es möglich, deren Ursprung auf das 10./11. Jahrhundert zu datieren. Weiter fand man rund um die Kirche Skelette. «Das lässt rückschliessen, dass die Kirche das Bestattungsrecht hatte und somit als erste Kirche Boswils gilt», so Wyss.
Über heidnische Bauten errichtet
Unter diesen Überresten fanden die Archäologen aber noch ältere Fundamente, die zu einer römischen Villa gehörten. «Dies passt zum Vorgehen der damaligen Zeit. So wurden heidnische Bauten zerstört und eine christliche Glaubensstätte daraufgesetzt», erklärt Wyss. Diese römische Villa ist nicht die einzige. So zeigen weitere Stätten, unter anderem in Sarmenstorf, dass es in der Region mehrere solcher römischen Gutshöfe gegeben hatte.
Einen grossen Sprung zurück in die Vergangenheit machten die Experimentalarchäologen, die Bronze gossen. Über Armreifen, Beilen bis hin zur Klinge – für die Zuschauer eine Zeitreise in die Praktiken der Bronzezeit. «Das Verfahren, dass wir hier vorzeigen, ist historisch ziemlich genau», erklärt Markus Binggeli, Experimentalarchäologe. Highlight bildet ein bronzenes Rad. Es zählt zu den grössten Gussobjekten, die nördlich der Alpen gefunden wurden. Davon wurden insgesamt 20 Stücke geborgen. «Es braucht höchstes technisches Niveau und Fähigkeiten für die Herstellung», weiss Binggeli.
Die Arbeit mit Geschichte
Den Besuchern wurde aber nicht nur Vergangenes gezeigt. An der Station beim Gemeindehaus konnte man sich eine Idee davon machen, wie die Arbeit mit der Geschichte heutzutage aussieht. So gaben Kantonsarchäologen, die Kantonale Denkmalpflege sowie das Staatsarchiv und die Kantonsbibliothek Einblicke in ihre tägliche Arbeit. Bei den ausgestellten Publikationen rund um die Gemeinde Boswil staunten die Besucher nicht schlecht – so wurden mehrere Dutzend Bücher, Berichte oder Artikel rund um die Gemeinde Boswil veröffentlicht, was für eine Gemeinde dieser Grösse bemerkenswert ist.
Die erste schriftliche Erwähnung von Boswil geht zurück auf das Jahr 924. Schon immer war die Region wirtschaftlich stark vom Ackerbau geprägt; mit dem Aufkommen der Strohindustrie sowie der Erschliessung an das Bahnnetz wurde die Region wohlhabender. «Das alte Ortsbild in Boswil hat sich über die Jahre nicht gross verändert», erklärt Caterina Hitz von der Abteilung Raumentwicklung. Darum seien die alten Quartiere in Boswil nach wie vor so gut erhalten, denn viele der Gebäude stehen unter kantonalem oder kommunalem Denkmalschutz. Der Ortsbildschutz ist sehr hoch. Dies ermöglichte auch an der Führung «Boswil gestern und heute» interessante Einblicke in die demografische und ortsbildliche Entwicklung einer Gemeinde, in der Geschichte an allen Ecken zu finden ist. --cbl



