Landwirt schuldig gesprochen
10.07.2018 LandwirtschaftBezirksgericht Bremgarten: Beamte müssen sich nicht alles gefallen lassen
Zu einer bedingten Geldstrafe von 50 Tagessätzen à 30 Franken wegen Gewalt und Drohung gegen zwei Polizisten wurde der Halter eines Motorrads verurteilt. Die beiden Polizisten wurden ...
Bezirksgericht Bremgarten: Beamte müssen sich nicht alles gefallen lassen
Zu einer bedingten Geldstrafe von 50 Tagessätzen à 30 Franken wegen Gewalt und Drohung gegen zwei Polizisten wurde der Halter eines Motorrads verurteilt. Die beiden Polizisten wurden vom Vorwurf des Hausfriedensbruchs freigesprochen.
Spuren sichern am Motorrad, dessen Lenker in eine Streifkollision verwickelt war – so lautete der Auftrag an zwei Kantonspolizisten vom Posten Wohlen. Die Polizisten Keller und Huber (alle Namen geändert) fuhren zum Halter des Motorrads, einem Landwirt aus der Region, stellten sich vor und verlangten einen Ausweis zu sehen zur einwandfreien Identifizierung des Halters.
Der Landwirt weigerte sich und wollte die Haustür schliessen, worauf Polizist Keller einen Fuss in die Tür stellte. Unvermittelt habe ihn der Landwirt angegriffen und am Hals zu packen versucht, so Polizist Keller. Er habe den Angriff abgewehrt und sei dabei mit dem Landwirt in den Hauseingang gefallen. Polizist Huber ist seinem Kollegen zu Hilfe geeilt. Gemeinsam haben sie dem sich heftig wehrenden Landwirt Handschellen angelegt. Als sie das Haus verliessen, um den Landwirt mit auf den Posten zu nehmen, stolperten der Bauer und Keller auf der Treppe und fielen die letzten Stufen hinunter.
Drei Schuldsprüche beantragt
Der Landwirt reichte Strafanzeige gegen die beiden Polizisten ein wegen Hausfriedensbruch und einfacher Körperverletzung, die Polizisten ihrerseits reichten Strafanzeige ein gegen den Landwirt wegen Gewalt und Drohung gegen Beamte, Beschimpfung und Sachbeschädigung (die Uniform wurde bei der Aktion beschädigt).
Die Staatsanwaltschaft Rheinfelden-Laufenburg (sie hat das Verfahren durchgeführt) beantragte für alle drei Angeklagten Schuldsprüche: für die Polizisten Keller und Huber je eine bedingte Geldstrafe von 30 Tagessätzen à 100 Franken und eine Busse von 1000 Franken, für den Landwirt eine bedingte Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 40 Franken und eine Busse von 1000 Franken.
Die Verhandlung fand vor fast zwei Wochen vor dem Bezirksgericht Bremgarten statt (siehe Ausgabe vom 29. Juni). Geleitet wurde sie von Einzelrichterin Isabelle Wipf. Das Urteil wurde den Beteiligten schriftlich zugestellt. Die Gerichtspräsidentin hat die beiden Polizisten vom Vorwurf des Hausfriedensbruchs und der einfachen Körperverletzung freigesprochen.
«Rechtmässig und verhältnismässig»
«Polizisten sind laut Gesetz berechtigt, zur eindeutigen Identifizierung einer Person einen Ausweis zu verlangen», begründet Isabelle Wipf den Freispruch. Dass Polizist Keller den Angriff des Landwirts auf seinen Hals abgewehrt habe, gelte als Notwehrhandlung. Ebenso das Eingreifen seines Kollegen Huber beim anschliessenden Gerangel im Hauseingang. «Die Polizei hat rechtmässig gehandelt.» Der Sturz auf der Treppe sei nicht absichtlich herbeigeführt worden, somit sei der Tatbestand der einfachen Körperverletzung nicht erfüllt.
Genugtuungsforderung abgewiesen
Beim Landwirt hingegen sah die Gerichtspräsidentin den Vorwurf der Gewalt und Drohung gegen Beamte erfüllt. «Der Landwirt hat verhindert, dass eine Amtshandlung reibungslos durchgeführt werden kann», so die Begründung. Zudem habe er einen Polizisten angegriffen, als dieser versucht habe, das Schliessen der Tür zu verhindern.
Freigesprochen wurde der Landwirt vom Vorwurf der Beschimpfung. Die Gerichtspräsidentin verurteilte den Landwirt zu einer bedingten Geldstrafe von 50 Tagessätzen à 30 Franken mit einer Probezeit von zwei Jahren sowie zu einer Busse von 300 Franken. Die Genugtuungsforderung von Polizist Huber über 1000 Franken wies Einzelrichterin Isabelle Wipf ab.
Entschädigung zugesprochen
Der Vorfall geht auf das Jahr 2013 zurück. Er wurde bereits zum zweiten Mal vor dem Bezirksgericht Bremgarten verhandelt. Das erste Urteil wurde vom Obergericht kassiert, weil das Protokoll nicht unterzeichnet worden war und weil die Tonbandaufzeichnung wegen eines technischen Defekts nicht verwendet werden konnte. Dem nun verurteilten Landwirt sind durch das zweimalige Verfahren, an dem er schuldlos ist, Unkosten entstanden. Die Gerichtspräsidentin sprach ihm dafür eine Entschädigung in Höhe von 2990 Franken zu. --eob