Den Zusammenhalt stärken

  19.10.2021 Wohlen

«Go Wanderer»: Das Hausband-Projekt der Integra hat sich prächtig entwickelt

Nach langer Coronapause konnte die Band endlich ihr Können unter Beweis stellen. Im Restaurant Hans & Heidi gab das Ensemble eine wunderbares Konzert, begleitet von einem tollen Essen. Bald schon steht der nächste Auftritt an.

Chregi Hansen

Der musikalische Leiter von «Go Wanderer» muss vor allem eine Fähigkeit haben. Er muss improvisieren können. «Man weiss nie genau, wer alles dabei ist. Und in welcher Stimmung die Leute sind», lacht Urs Kamber, der das Projekt seit bald drei Jahren betreut.

Zur Aufgabe kam er mehr oder weniger per Zufall. «Ich habe das eine oder andere Mal für die Weihnachtsfeier der Integra die Soundanlage geliefert. Dabei wurde ich angefragt, ob ich mir vorstellen könne, mit den Klienten der Integra eine Band aufzubauen», erklärt der Musiker. Neuland ist das für ihn nicht. «Ich habe solche Projekte schon an anderen Orten begleitet. Mein Vorteil ist, dass ich von aussen komme und kein Pädagoge bin. Ich nehme die Menschen so, wie sie sind.»

Mitreissende Musik zu währschafter Kost

Und flexibel musste der musikalische Leiter auch beim ersten Auftritt nach langer Pause sein. Denn ausgerechnet an diesem Abend fehlten zwei der besseren Musiker. Und auch der Tontechniker war abwesend. «Mir ist es wichtig, dass wir alles gemeinsam machen. Dazu gehören der Aufbau vor dem Konzert und das Abmischen», erklärt Kamber. So ist an diesem Abend eben improvisieren angesagt. Ein Mitglied kümmert sich um den Sound, fehlt dafür bei einigen Liedern als Bassist und Gitarrist. «Ich hoffe, es klingt gut und ihr versteht, was wir sagen», meint der Leiter während des Konzerts. Der donnernde Applaus war Antwort genug.

Tatsächlich vermag die Band den Saal zu rocken. Mit ihren Versionen bekannter Popsongs treffen sie mitten ins Herz der Zuhörer. Dabei nehmen sie ihrem Namen entsprechend das Publikum mit auf eine lange Wanderung durch die Schweiz. «Das Lustige ist, wir nennen uns zwar Wanderer, aber dabei wandert gar niemand gerne», erzählt Kamber. Der Name der Band wurde dann auch dem Song «Wanderer» entliehen und um ein «Go» angereichert. Passend zur Wanderung wird den Gästen dabei auch währschafte Kost serviert, wie sie auch in einer SAC-Hütte auf den Teller kommt.

Zu hören sind bekannte Songs, meist mit eigenen Texten. «Bei der Auswahl der Lieder haben alle ein Mitspracherecht. Ich arrangiere sie dann entsprechend unseren Möglichkeiten», erklärt Kamber. Dabei starte man oft von der Improvisation her und baue daraus eine Struktur. «Es ist eine Herausforderung für mich, das Ganze auf der Bühne zu dirigieren und zu schauen, dass immer alle konzentriert bleiben und ihre Einsätze nicht verpassen», lacht der passionierte Musiker. Er tut das mit viel Humor und noch mehr Empathie. «Jede Probe und jedes Konzert verläuft anders. Das ist spannend, aber ich bin ziemlich erschöpft danach.»

Die Verantwortlichen der Integra sind stolz auf ihre Hausband. «Mitmachen dürfen alle Personalangehörigen und Klienten, welche Lust haben, motiviert sind zu proben und gewisse musikalische Fähigkeiten mitbringen», erklärt Stefanie Müller, die Leiterin der Kreativ-Werkstatt. Momentan besteht die Band aus zehn Personen mit einer Einschränkung und einem Personalangehörigen, der in der Hauswartung arbeitet. Dazu kommen der Bandleiter und ein externer Musiker für die Konzerte. Während der Coronazeit mussten die Proben lange ausfallen, nun sind alle umso motivierter, dass es wieder losgeht. Auch wenn es nicht immer ganz einfach ist, nach dem Arbeitstag auch noch zur Probe zu gehen. «Es braucht am Anfang oft Motivationsarbeit. Aber das gemeinsame Musizieren macht positive Kräfte frei», so Kambers Erfahrung.

Gemeinsame Erlebnisse entsprechen einem Bedürfnis

«Solche Projekte sind sehr wichtig für die Klienten. Sie können ihre Fähigkeiten weiterentwickeln, mit anderen teilen und gegen aussen präsentieren», erklärt Müller. Dabei kommen ein Zusammenhalt und eine Zugehörigkeit zustande, was zu den Grundbedürfnissen aller Menschen gehört und somit auch ein Anliegen der Klienten ist. Durch das Projekt werden neue Bekanntschaften und Freundschaften geschlossen, weil die Bandmitglieder aus unterschiedlichen Arbeitsbereichen zusammenkommen. Und viele, die nicht zur Band gehören, sind zumindest Fan, wie das Konzert beweist.

Nächster Auftritt am Samstag auf dem Wochenmarkt

Solche Inklusionsprojekte entsprechen dem Weg, welchen die Integra schon geht und in Zukunft gehen will. Die Integra gewährleistet Menschen mit einer Beeinträchtigung eine möglichst hohe Selbstständigkeit in den verschiedenen Lebensbereichen wie Wohnen und Arbeiten. «Das ist das eine. Inklusion bedeutet jedoch auch Teilhabe an der Gesellschaft, an Kultur und am Gemeindeleben», macht Stefanie Müller deutlich. In Zukunft wird es darum noch mehr solche Projekte geben. So wird sich die Institution auch am neuen Wohler Wochenmarkt präsentieren. Dabei sollen beispielsweise nicht nur die Personalangehörigen die Produkte verkaufen, sondern auch die Klienten, welche die Produkte gefertigt haben. Auch das wichtige Begegnungen, geprägt von ganz viel Herzlichkeit. Und am nächsten Markt werden sich auch die «Go Wanderer» wieder präsentieren. Und mit viel Lebensfreude ihre Songs rocken.


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