Muri und das blaue Blut

  30.03.2021 Muri

Habsburger sind in der Loretokapelle beigesetzt

Das Kloster Muri wurde vor bald tausend Jahren von den Habsburgern gestiftet. Entsprechend eng ist die Geschichte der Habsburger mit jener von Muri verbunden. Damit kennt sich Peter Hägler bestens aus. Er ist Geschäftsführer der Stiftung «Geschichte Kloster Muri». Das Herz der letzten Kaiserin Zita und jenes des letzten Kaisers Karl sind in Muri beigesetzt. Auch drei ihrer Kinder fanden hier die letzte Ruhe.

Vor 25 Jahren etwa wurde Robert beigesetzt. Hägler und das damalige Kirchenpflegemitglied Martin Egli erinnern sich. --ake


Am Ort des Ursprungs

In der Loretokapelle fanden verschiedenste Mitglieder der Habsburger-Familie ihre letzte Ruhe

Im Februar 1996 starb Robert Habsburg von Lothringen, der zweitälteste Sohn des letzten österreichischen Kaiserpaares Zita und Karl. Auch seine Brüder Felix und Rudolf sind hier, neben den Herzen ihrer Eltern, begraben. Martin Egli erinnert sich an die Bestattung.

Annemarie Keusch

Sie flogen hoch und elen tief. 1919 war es, als das Kaiserpaar Zita und Karl aus Österreich fliehen musste. Mit sechs kleinen Kindern wurden sie aus Österreich verbannt. Es war das Ende der Kaiserzeit. Nach kurzer Zeit in der Schweiz ging die Reise des letzten Kaiserpaars weiter nach Madeira. «Sie standen mit nichts da», sagt Martin Egli. 13 Jahre war er Präsident der katholischen Kirchenpflege, noch länger war er Präsident der Freunde der Klosterkirche Muri. Intensiv hat er sich in dieser Zeit mit der Geschichte der Habsburger-Familie auseinandergesetzt. «Beeindruckend.» Es ist ein Wort, das Egli im Gespräch über die Habsburger-Familie immer wieder wählt.

Nicht nur viel Wissen rund um die Geschichte der Habsburger hat sich Egli angeeignet. Er schloss auch persönlichen Kontakt mit Nachkommen von Kaiserin Zita und Kaiser Karl, etwa mit István, dem Sohn von Felix und Enkel von Karl und Zita. «Feine Leute», sagt Egli. Und Leute, die sich nicht nur mit ihren Vorfahren, sondern auch mit dem Kloster Muri eng verbunden fühlen.

Ältester Sohn sass im EU-Parlament

Martin Egli ist schon seit vielen Jahren eng mit dem Kloster Muri verbunden. Schon bevor er 1983 nach Muri kam, kam der in Ermensee aufgewachsene Egli mit der Klosterkirche in Berührung. 1986 wurde er in die Kirchenpflege gewählt, erlebte zehn Jahre später die Aussenrenovation der Klosterkirche hautnah mit. «Diese Kirche hat mich schon immer fasziniert. Sie ist ein Kraftort für mich.»

Und zur Faszination für die Kirche kamen auch die Begeisterung und das Interesse für die Habsburger-Familie. Immer wieder kam Egli über seine Funktion als Kirchenpflegepräsident in Kontakt mit Vertretern der Adelsfamilie. Besonders zu Rudolf, dem drittjüngsten der acht Kinder von Kaiserin Zita und Kaiser Karl, hatte er einen guten Draht. «Er war das Bindeglied zwischen der Familie und der Einwohner- und Kirchgemeinde Muri. Auch zu seinen Nachkommen pflegt er losen Kontakt. «Sie hatten nichts, als sie aus Österreich vertrieben wurden. Und alle haben es wieder zu etwas gebracht.» Egli meint dies nicht in erster Linie in finanzieller Hinsicht. «Sie wurden wieder angesehene Leute in der Gesellschaft.» Otto etwa, der designierte Kaiser und erstgeborene Sohn von Zita, die nie als Kaiserin offiziell auf die Krone verzichtet hat, tat dies und war später Abgeordneter im EU-Parlament, wie auch sein Sohn Karl. «Mit den Mitgliedern dieser Familie diskutiert man völlig anders über die Europa-Politik. Sie haben sie hautnah erlebt und vertreten einen viel breiteren Blickwinkel.»

Zita brachte das Herz ihres Gatten

An drei Beerdigungen von Söhnen von Zita und Karl war Martin Egli als Kirchenpflegemitglied und -präsident dabei. An jene von Robert, der vor gut 25 Jahren neben den Herzen seiner Eltern beigesetzt wurde, hat er nur noch schwache Erinnerungen. «Ich weiss noch, dass ich sehr beeindruckt war», sagt Egli. Nur schon zu den Gästen zu gehören, sei eine Ehre gewesen. Die Öffentlichkeit und auch die Presse waren von der Beisetzung ausgeschlossen. Entsprechend mager fällt die Berichterstattung aus. Dass das belgische Königspaar in Muri war, war damals die zentrale Meldung.

In der Habsburger-Gruft in der Loretokapelle finden Mitglieder der Familie ihre letzte Ruhe. Seit 1970 gibt es die Gruft. Kaum von der Kirchgemeindeversam m lu ng bew i l l ig t, brachte Kaiserin Zita das Herz ihres Mannes. Auch ihr Herz ist dort in einem Urnenstein beigesetzt. Und die Urnen von dreien ihrer acht Kinder. «Enkel von Zita und Karl kündigten schon an, dass sie auch in Muri beigesetzt werden wollen», sagt Martin Egli. Ist es Stolz, der ihn erfüllt, wenn etwa Enkel István fragt, ob er auch noch Platz in der Gruft habe? «Nein, Genugtuung, dass die freundschaftliche Verbindung der Habsburger-Familie zu Muri weiterhin Bestand hat.» Ist es pandemiebedingt nicht erschwert, hält die Habsburger-Familie jedes Jahr im Oktober eine Jahrzeit in der Klosterkirche.

Mit Tiroler Schützenkompanien

Eine prägende Figur der Habsburger-Familie ist Robert, der 1915 geboren wurde und 1996 verstarb, nicht. Persönlich kennengelernt hat ihn auch Martin Egli nicht. «Ein-, zweimal gesehen von Weitem.» Etwa bei der Beerdigung der Kaiserin Zita 1989, die in der Loretokapelle aufgebahrt wurde. An allen Beisetzungen von Mitgliedern der Habsburger-Familie war Martin Egli beeindruckt. Etwa von der Tatsache, wie viel Wert auf feierliche Musik oder auf feinen Blumenschmuck gelegt wurde. Von der Habsburger-Fahne, die den Sarg schmückt. Vor allem aber von den Tiroler Schützenkompanien. Rund zwölf Männer kamen in historischer Uniform und mit Gewehren. Den Sarg trugen sie jeweils auf den Schultern von der Klosterkirche in die Loretokapelle. «Die grösste Ehrerweisung», sagt Martin Egli. Ein Zeichen der Kaisertreue, auch wenn das Kaiserreich längst vergangen ist.

Und diese Faszination für die Habsburger-Familie hängt auch über Muri. Hier, wo Ita und Radbot 1027 das Kloster stifteten, auch damit für ihr Seelenheil gebetet wird. Auf diese Wurzeln besannen sich Zita und Karl, nachdem sie vertrieben wurden. Und zu diesen Wurzeln standen ihre mittlerweile alle verstorbenen Kinder und zu diesen Wurzeln stehen ihre Enkel und Urenkel.


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