Schwingen: Strebel vor «Eidgenössischem»

  21.08.2019 Aristau

Grünes Hemd, rote Unterhose
Schwingen: Joel Strebel vor dem Eidgenössischen Schwingfest in Zug (24./25. August)

Er ist nicht der gesprächige Typ. Joel Strebel sitzt in der Schwinghalle in Aristau. Er wirkt gefasst, sagt aber, dass er «sehr gut drauf» ist. Doch: «Ich bin halt nicht so der Redner.» Und da regt sich sein Gesicht. Er lächelt. Während er zu Beginn des Gesprächs noch kalt wirkt, taut er immer mehr auf. Dem grossen (1,90 m) und schweren (116 kg) Schwinger ist Vertrauen wichtig – auch zu einem Journalisten.

Von: Stefan Sprenger

Und er muss seinen eigenen Fähigkeiten vertrauen. Der Aristauer galt schon früh als Talent im Sägemehl. Seinen ersten von total 14 Kränzen holt er im Jahr 2013, mit gerade mal 16 Jahren. In der letzten Saison wollte er durchstarten. Es begann gut, er siegte am Guggibad-Schwinget – und verletzte sich danach schwer an der Schulter. «Eine harte Zeit», murmelt er heute. Und er denkt selbst in Zeiten des Höhenfluges zurück. «Ich bleibe am Boden», sagt er. «Ich bin gesund, das ist das Wichtigste.» Auf keinen Fall dürfe er jetzt, wo es gut läuft, denken, er sei ein Superstar. Es gab Phasen in dieser Saison, wo er in der Schwing-Szene massiv hochgelobt wurde.

Die Saison 2019. Er holt Kränze am Laufmeter, es sind total sechs, am Bergschwinget auf der Rigi und auf dem Weissenstein und am Nordwestschweizerischen. Herausragend: Am Aargauer Kantonalschwingfest und am «Baselstädtischen» steht er im Schlussgang, doch verliert er beide Mal. Am «Solothurner» gelingt der Sieg, sein erster Triumph an einem Kranzfest. Sein Selbstvertrauen ist gross. Er selbst sagt: «Früher hatte ich die Hosen voll, wenn ich gegen einen Eidgenossen antreten musste. Heute freue ich mich über die Herausforderung.»

Schwingender Gärtner hilft auf Bauernhof

Joel Strebel ist im Hoch. Und das hat viele Gründe. Er hat eine hervorragende Betreuung, beim Schwingklub Freiamt und beim externen Trainer Tommy Herzog. «Er fördert mich, hat eine klare Linie, sein Training ist mir sehr wichtig», so Strebel. Bei Tommy Herzog in der Innerschweiz trainiert er auch mit den «Bösen» Martin Grab oder Christian Schuler. «Um weiterzukommen, musste ich auswärts gehen», meint Strebel. Heisst: weg vom Schwingklub Freiamt. «Ich kenne die Freiämter Schwinger in- und auswendig», so Strebel. Seit er mit anderen Schwingern trainiert, «ging es weiter voran».
Ebenfalls wichtig ist das intakte Umfeld von Joel Strebel. Die Unterstützung der Eltern ist ihm sicher. Er arbeitet als Landschaftsgärtner im Betrieb des Vaters. Er verlegt Verbundsteine, stellt Gartenzäune auf, pflanzt Büsche. Der Mann, der unendlich viel Power zu haben scheint, sagt: «Die Arbeit ist ein guter Ausgleich zum Sport.» Apropos körperliche Arbeit neben dem Schwingsport: Joel Strebel hilft auch auf dem Bauernhof zu Hause mit. «Ich schlafe abends jeweils gut ein», sagt er. «Ausser ich habe einen Kranz gewonnen, dann bin ich zu geladen.»

Das besondere Ritual

Er trainiert fast jeden Tag, geht ins Kraft- oder Konditionstraining, schwingt im Sägemehl, geht in die Kältekammer oder in die Massage. «Beim Training vergesse ich alles», sagt er. Auch seine Freundin? Joel Strebel lacht. «Nein, auf keinen Fall. Aber es ist nicht immer so einfach.» Er erklärt, dass er nicht viel Zeit für sie habe. Jedenfalls nicht so viel, wie sie und er gerne hätten. «Ich sehe die Döbeli-Brüder mehr als meine Freundin», meint er lachend. Doch dies wird sich bessern nach dem «Eidgenössischen». Jedenfalls ein bisschen. Und dann wird er auch ein bisschen Bier trinken dürfen. Denn seit Januar 2019 hat er «keinen Tropfen angerührt». Alles für den Erfolg im Schwingen.

Das Gespräch in der Schwinghalle in Aristau wird offener. Strebel erzählt, dass er gerne Eishockey schaut, den EV Zug. Fussball sei nichts für ihn. «Dieses Theater manchmal auf dem Rasen, das mag ich gar nicht.» Er erzählt, dass er ein grünes Schwinger-Hemd trägt, weil sein grosses Vorbild Martin Grab ebenfalls ein grünes Hemd trägt. Für ihn sei dies «ganz besonders». Apropos Kleidung: Eine Mentaltrainerin hat ihm dazu geraten, Rotes zu tragen. Damals war er erst 10 Jahre alt. «Rot steht für Feuer und Aggressivität», meint Strebel. Seit damals trägt er bei jedem Schwingfest rote Socken, ein rotes Shirt (unter dem Hemd) und rote Unterhosen. «Es hat mir damals geholfen und wurde zum Ritual.»

Auch am «Eidgenössischen» in Zug wird er mit grünem Hemd und roten Unterhosen ins Sägemehl gehen. Für ihn ist das Ziel klar. Einen Kranz holen, ein «Böser» werden. Und nach seiner bisherigen Saison ist Joel Strebel ein ganz heisser Anwärter darauf, endlich wieder einen «eidgenössischen» Kranz ins Freiamt zu bringen. «Ich weiss, dass ich es schaffen kann», meint er und fügt entschlossen an: «Und ich verschwende keinen Gedanken daran, dass ich es nicht schaffe.»

 


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