Die «Sportfreunde»

  15.09.2017 Ringen

Der Ringer und der Rennfahrer

Randy Vock will an den Olympischen Spielen 2020 in Tokio teilnehmen. David Ludin hat vor einigen Wochen seine erste Saison in der Schweizer Motorrad-Meisterschaft beendet und wurde Vize-Schweizer-Meister. Sein grosses Ziel: eine EM-Teilnahme.
Zwei Sportler mit Ambitionen und gemeinsamer Geschichte. «Ich kenne David, seit ich denken kann», erzählt Vock. Der 23-jährige Ringer und der 28-jährige Motorsportler stammen beide aus Niederwil. Ludin ging mit Vocks Schwester zur Schule. Kennengelernt haben sie sich beim FC Niederwil. Mit elf Jahren kam Vock zu den Junioren des Fussballvereins. Obwohl sie nicht im gleichen Team spielten, freundete sich das Duo im Verein an. Mittlerweile spielen sie nicht mehr Fussball und leben nicht mehr in Niederwil. Ludin wohnt seit Anfang 2017 in Wohlen, Vock seit zwei Jahren in Muri. Kontakt miteinander haben sie nach wie vor.

Vom Rasen auf Ringermatte und Rennbahn
Zu einer Karriere im Fussball reichte es dem Duo nicht. Vock wechselte früh zum Ringen. «Der Sport hat mich gereizt. Mein Vater war Ringer.» Mit 13 stiess Vock zur Ringerstaffel Freiamt und kehrte dem Fussball ein Jahr später den Rücken. Auch Ludin kam durch eine Person aus seinem Umfeld zu seiner neuen Sportart. Der Freund seiner Mutter ist ehemaliger Motorsportler. Er weckte Ludins Interesse. Der 28-Jährige blieb dem Fussball aber länger treu als sein Kollege. «Wirklich im Motorsport aktiv bin ich seit drei Jahren », sagt er. 2008 hat er sich ein Rennmotorrad gekauft und damit trainiert. Zu dieser Zeit verabschiedete er sich vom Fussballplatz. «Mit finanzieller Unterstützung der Familie hätte ich alles stehen und liegen lassen, um mit 18 Motorsport zu betreiben.» Sechs Jahre später konnte er beginnen, sich seinen Traum zu erfüllen.
Die sportlichen Wege des Duos trennten sich. Vock ringt seit neun Jahren. Dementsprechend kann er bisher mehr Erfolge vorweisen als Ludin. An der U23-EM 2017 erkämpfte sich Vock den 5. Rang. 2014 wurde er Schweizer Meister mit der RS Freiamt. Achtmal konnte er den Schweizer-Meister-Titel im Einzel feiern. Solche Erfolge hat Ludin noch nicht. «Ich habe erst eine Saison gefahren. Mein grösster Erfolg sind die Siege bei den Rennen in Italien und Deutschland und der 2. Platz in der Gesamtwertung.»

Mit Herzblut gegen die Profis
Die beiden Niederwiler haben Hunger auf mehr. Auf dem Weg zu Olympia 2020 will Vock eine Medaille an einem internationalen Turnier gewinnen. Dieser Erfolg blieb ihm bisher verwehrt. Ludin will sich für eine EM qualifizieren. Für die Teilnahme darf seine Zeit maximal zehn Prozent langsamer sein als diejenige des schnellsten Fahrers im Feld. Ludin: «Die besten Motorradfahrer sind Vollprofis.» In der Schweiz fehlt es ausserdem an Rennbahnen. In Italien beispielsweise gibt es mehrere Rennstrecken. «Ich muss ins Ausland fahren, während die Italiener vor der Haustüre trainieren können.» Vock hat ebenfalls Konkurrenten, die bessere Rahmenbedingungen haben als er. Ein Teil seiner Gegner sind Profis. Jährlich trainiert der Freiämter mehrere Wochen in der Ukraine und versucht damit, die Lücke zu ihnen zu schliessen. In der Schweiz trainiert er bis zu zehnmal pro Woche. Damit er genug Zeit für das Ringen hat, arbeitet der Kaminfeger, auf das ganze Jahr verteilt, nur 30 Prozent. Den Rest seiner Einnahmen generiert er durch Sponsoren.

Sponsoren decken Kosten
Ludin ist in einer ähnlichen Situation. Er arbeitet zwar Vollzeit, trainiert aber daneben sehr viel. Während der Saison, zwischen April und September, liegt der Fokus auf Kraft und Ausdauer. In der rennfreien Zeit verreist er für mehrere Wochen ins Ausland, um auf Rennbahnen mit dem Motorrad trainieren zu können. Seine Sponsoreneinnahmen decken die Kosten.
Das Duo aus dem kleinen Niederwil nimmt viel auf sich, um sich in der Sportwelt einen Namen zu machen. Vock: «Wir verzichten auf viel Freizeit und Geld aus Liebe zum Sport. Das Ringen ist für mich eine Art Lebensschule.» Ludin ergänzt: «Es geht im Sport darum, an die eigenen Grenzen zu gehen. Das treibt uns an.»

Josip Lasic


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