Wohlen: Auf ein Bier mit «Pi»

  14.08.2017 Wohlen

«Jeden Tag sprachlos»

«Auf ein Bier mit...» Peter Müller, Architekt und Ur-Wohler

Ein Mittwochnachmittag im Restaurant Marco Polo in Wohlen. Es ist 30 Grad warm. Unter den Bäumen vor dem Restaurant ist es angenehm kühl. «Dieses Gebäude ist wunderschön», sagt der 63-jährige Architekt Peter Müller. Sein Bruder Urs hat oberhalb des «Marco Polo» sein Architekturbüro. «Es erinnert an die grandiose Strohindustrie in Wohlen», sagt «Pi». Der aufgestellte und sportbegeisterte Mann erzählt ehrlich aus seinem Leben in Wohlen – und ist dabei auch kritisch.

Frage: Grüezi Herr Müller. Sie verbrachten Ihr ganzes Leben in Wohlen. Wieso?

Antwort Peter Müller: Ich finde Wohlen gut. Vielleicht bin ich ein «Bünzli», aber ich kann mir einfach nicht vorstellen, hier wegzuziehen. Ich habe meine Familie und Freunde hier und habe auch immer in Wohlen gearbeitet. Und ich sehe dies als Privileg. Einen alten Baum kann man nicht verpflanzen.

Was ist gut an Wohlen?
Ach, da gibt es so viele Dinge. Man hat alles, was man zum Leben braucht. Einkaufsmöglichkeiten, Schulen, viele Vereine, ein kulturelles Angebot oder eine ganz tolle Badi.

Eine ganz tolle Badi?
Ja. Man muss an dieser Stelle sagen, dass ich eine spezielle Beziehung zur Badi in Wohlen habe. Als die Badi Eröffnung feierte, ging ich zu Lehrer Rüegger in die Schule. Das war in der 4. Klasse. Wir durften schon eine Woche vor der offiziellen Eröffnung hinein. Das war ein grandioses Erlebnis. Ich kann mich noch erinnern: Das 3-Meter-Sprungbrett war für uns etwas Ausserirdisches. Hugo Achermann machte den «Köpfler».

Und Sie machten den Salto?
Schön wärs. Ich hatte Schiss und sprang mit den Füssen voran ins Wasser.

Was ist schlecht an Wohlen?
(Überlegt lange) Was mich immer gestört hat, ist der Umgang in der Politik. Es wird oft unter die Gürtellinie geschossen. Man spielt auf den Mann und geht zu oft respektlos miteinander um. Wenn jemand eine andere Meinung hat, dann ist er gleich ein «Dubel». Schade. Etwas mehr Respekt würde der Politik in Wohlen guttun.

Sie sind seit Jahrzehnten Architekt in Wohlen. Entwickelt sich das Dorf gut?
Es gibt zwei, drei Baustellen, die es politisch zu lösen gibt. Grundsätzlich ist die Entwicklung aber nicht schlecht. Zum Beispiel dieser Ort, wo wir uns gerade befinden. Das Gebäude, in dem das «Marco Polo» ist. Toll. Hans Eser und mein Bruder Urs haben dies erhalten.

Was hätten Sie anders gemacht?
Dass die Umzonung in der Niedermatten nicht durchkam, war sehr schade. So kann man das Sportzentrum nicht erweitern. Oder das Isler-Areal ist so eine Baustelle, die momentan zu denken gibt. Es kann doch nicht sein, dass man einen «Blüemli-Park» errichten will.

Was ist denn Ihre Lösung für das Isler-Areal?
Investoren suchen und die Überbauungspläne weiter vorantreiben. Das wäre für die Entwicklung in Wohlen gut.

Stichwort Merkur-Areal? Was sagen Sie dazu?
Ideen sind vorhanden. Es würde sich aus meiner Sicht lohnen, in die Wasser- und Stromversorgung zu investieren. So hätte Wohlen einen Allzweckplatz respektive einen Festplatz.

Themawechsel: Sie sind an jedem Heimspiel des FC Wohlen. Wieso?
Mein Bruder wurde Handballer. Ich habe mein Herz dem Fussball geschenkt. Von den B-Junioren bis zu den Veteranen habe ich alle Stationen beim FC Wohlen durchlebt. Und heute geniesse ich die Spiele in den Niedermatten. Es ist toll, dass wir in unserem kleinen Dorf Challenge-League-Fussball bewundern dürfen.

Waren Sie ein guter Fussballer?
(Lacht) Mittelmässig. Ich würde sagen ein durchschnittlicher 2.-Liga-Fussballer.

Welche Position spielten Sie?
Im «Eis» war ich Stürmer. Ich wollte aber nicht so viel rennen, deshalb wurde ich Libero.

Was bedeutet Ihnen der FC Wohlen heute?
Der ganze Verein liegt mir sehr am Herzen. Und eben: Ich habe grosse Freude, dass wir Fussball auf so hohem Niveau sehen dürfen. Natürlich sind die Heimspiele auch immer perfekt, um alte Freunde und Bekannte zu sehen und zu plaudern. Das Beste bei den Heimspielen kommt oft erst nach dem Schlusspfiff (lacht).

Sie sitzen auf der Tribüne. Man hört Sie teilweise fluchen, wenn der FC Wohlen schlecht spielt.
Ich bin halt mit Leidenschaft dabei (lacht). Das war auch früher schon so. Ich erinnere mich an die Derbys. Zum Beispiel gegen Hägglingen. Da hat man sich die ganze Zeit verbal «angezündet» – nach dem Spiel ging man trotzdem gemeinsam ein Bier trinken. Das gehört einfach dazu.

Apropos FC Hägglingen. Der Verein hat ja mit dem FC Dottikon fusioniert und heisst heute FC Bünz-Maiengrün. Was halten Sie davon?
Eine superdoofe Idee. Die Identität geht doch verloren.

Der FC Wohlen hat vergangenes Jahr mit Monquez Alyousef einen ausländischen Investor an Land gezogen. Ihre Meinung dazu?
Ich hatte im ersten Moment grosse Angst, dass der Verein in fremde Hände gerät. Ich habe es aus finanzieller Sicht verstanden, aber emotional nicht. Alyousef hat dem FC Wohlen vielleicht in Sachen Geld geholfen. Aber für das Ansehen und die Identifikation war er schlecht.

Jetzt will der FC Wohlen wieder «wohlerischer» werden. Man will wieder mehr Identifikation schaffen.
Ich finde das sehr gut und hoffe, dass es hilft. Und ich hoffe, dass das Freiamt wieder mehr hinter dem FC Wohlen steht. Ich glaube, aus Wohlen selber hat der Verein schon viel Support. Aber ausserhalb Wohlens leider viel zu wenig. Schade.

Weg vom Fussball. Hin zu den Frauen. Sie sind seit 34 Jahren mit Ihrer Frau Lilo verheiratet.
Ja. Sie ist mein Sonnenschein. Mein Sechser im Lotto.

Wieso hat sich Lilo damals in Sie verliebt?
Gute Frage, fragen Sie Lilo selber (lacht laut). Aber irgendetwas muss ich schon richtig gemacht haben.

Sind Sie ein eifersüchtiger Mensch?
Der Mensch ist grundsätzlich nicht für Monogamie gemacht. Aber wir sind intelligent und haben die Kraft, zu unseren Entscheidungen zu stehen. Das war die philosophische Antwort. Jetzt kommt noch die ehrliche Antwort (lacht): Ich habe immer so viel mit anderen Frauen gemacht, wie ich es selber auch hätte ertragen können. Und das war nicht viel. Also ja, ich würde sagen, ich bin schon ein eifersüchtiger Typ. Aber in gesundem Rahmen. Fakt ist, dass ich seit 34 Jahren überglücklich bin mit meiner Frau. Und das ist weiss Gott nicht selbstverständlich.

Haben Sie etwas, das Sie Ihrer Frau schon immer sagen wollten?
Ja. Lilo, du machst mich jeden Tag sprachlos (lacht).

Sind Sie glücklich in Ihrem Leben?
Ja, ich bin sehr zufrieden. Wenn ich noch 20 Jahre so weiterleben kann, dann kann ich sagen: Es war ein sehr schönes Leben. An dieser Stelle auch ein Dank an meine grandiose Familie, die mich Tag für Tag aushält (lacht).

Sie haben mit 13 Jahren angefangen zu rauchen und vor rund einem Jahr aufgehört. Wieso?
Ich lag zwei Tage lang krank im Bett und hatte danach einfach keine Lust mehr zu rauchen. Weiss auch nicht. Es passierte einfach. Es ist ja etwas Gutes. Ausser dass ich, seitdem ich aufgehört habe zu rauchen, 12 Kilogramm zugenommen habe (wirkt nachdenklich).

Lieber Herr Müller: Zum Schluss dürfen Sie sagen, was Sie schon immer sagen wollten...
(Überlegt lange) Es heisst doch immer: Früher war alles besser. Das stimmt so nicht, es war einfach anders. Man sagte sich «Grüezi» im Dorf, man hatte Respekt. Das geht immer mehr verloren. Nicht nur in Wohlen, das ist wohl ein Gesellschaftsding. Ich möchte hier nicht bevormundend klingen: Aber Leute, seid doch wieder respektvoller und freundlicher miteinander. Zeigt Demut. Das Leben ist zu kurz und zu schön, um unfreundlich und mürrisch durch das Leben zu geistern.

 

Stefan Sprenger


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