Kung-Fu: Salvi Ferrara in China

  14.05.2018 Kampfsport

Wie im Kung-Fu-Film

«Wir werden hier wie Ausserirdische angesehen», sagt Salvatore Ferrara. «Die Chinesen nennen uns Langnasen. » Seit Ende April hält sich Salvatore Ferrara in China auf, um dort Kung-Fu zu trainieren und sich für die kommende Weltmeisterschaft im Juli vorzubereiten. Die nächstgrössere Stadt ist Dengfeng mit 630 000 Einwohnern. Ferrara hält sich auf halbem Weg zwischen Dengfeng und dem berühmten Shaolin-Tempel auf. «Es ist eine andere Welt.»

Ein drittes Zuhause
Der Freiämter ist nicht zum ersten Mal in China. 2009 besuchte er den Tempel und die Region zum ersten Mal. Mittlerweile besucht Ferrara seinen chinesischen Grossmeister regelmässig. 2012 war er zwei Monate am Stück in China. Diesmal werden es «nur» drei Wochen sein. Dennoch bezeichnet Ferrara, der Sohn italienischer Immigranten, China als seine dritte Heimat, nach der Schweiz und Italien. Und trotzdem ist jeder Besuch eine besondere Erfahrung.

An den drei Weltmeisterschaften, an denen er bisher startete, konnte Ferrara fünf Gold-, eine Silber- und eine Bronzemedaille holen. Im Juli wird er in den USA ein letztes Mal in vier Kategorien starten. Dafür hat er sich dieses Trainingsprogramm zusammengestellt. «In China bin ich abgeschottet von meinem Alltag, vom
Beruflichen. Ich weiss teilweise gar nicht, welcher Tag ist. Ich merke es erst sonntags, wenn trainingsfrei ist.» Dem mittlerweile 45-Jährigen gefällt ausserdem die «chinesische Art des Trainierens». Um 6 Uhr morgens startet Ferrara mit Meditation und Qigong. Gegen 7.30 Uhr gibt es Frühstück. Danach trainiert er mit seinem Grossmeister Shi De Feng bis zum Mittagessen. Nach einer Erholungspause folgt von 15 Uhr bis zum Abendessen die zweite Trainingseinheit. «Der Rhythmus besteht ein wenig aus Essen, Schlafen und Trainieren», so der Freiämter. «Wir trainieren allerdings nicht nur rein körperlich. Der Grossmeister fragt
mich jeden Abend, was ich gelernt habe. Es geht viel mehr um das Verstehen als nur darum Kondition, Kraft und Technik aufzubauen.»

Die Umgebung motiviert den Freiämter zusätzlich. «Wir befinden uns quasi im Zentrum dieser Kampfkunst. Im Umkreis mehrerer Kilometer hört man Kinder und Erwachsene trainieren.» Auch der Besuch der Tempelanlage, eines heiligen Berges in der Nähe oder nur schon Spaziergänge und der Kontakt mit den Menschen stärken Ferrara mental. «Die Menschen sind sehr freundlich, aber zurückhaltend. Englisch versteht so gut wie niemand. Ich verständige mich mit Händen und Füssen. Wenn ich aber jemanden auf Chinesisch begrüsse, freuen sich die Leute sehr.»

Längerer Aufenthalt wäre vorteilhaft
Von seinem Grossmeister profitiert Ferrara enorm. «Er kennt die westliche Kultur, versteht dank den ausländischen Schülern auch immer besser Englisch. Die Gespräche mit ihm sind für mich sehr wertvoll», so Ferrara. «Er lernt von mir und ich von ihm.» Das Training in China betrachtet der Hägglinger auch als Reifungsprozess. «Als ich 2009 das erste Mal zu Besuch beim Grossmeister war, haben wir uns lange unterhalten. Irgendwann haben wir gemerkt, dass wir über eine Farbe sprechen, aber haben es lange nicht geschafft, einander zu erklären über welche. Dennoch hat er sich die Geduld und Zeit genommen, mir zu erklären, was er meint.»

Von der Geduld und der Zeit profitiert Ferrara stark beim Training. Dennoch hat er insgesamt zu wenig davon. Vor allem von der Zeit. Am 14. Mai reist er zurück. «Wir sind uns bewusst, dass ich noch viel mehr Zeit vor Ort benötigen würde, um noch gezielter zu trainieren. Sobald ich zurückreise, werde ich allerdings einen Kurs in Spanien mit spanischen Schülern leiten. Da treffen erneut mehrere Kulturen aufeinander. Ich bin überzeugt, dass mich auch das weiterbringt.» --jl


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote