Wohlen: 70 Italiener zu Gast

  21.04.2017 Wohlen

70 Italiener erobern Wohlen

Über Ostern war ein halbes italienisches Dorf zu Gast in Wohlen – und führte eine Oper auf


70 Italiener pilgern durch Wohlen. Sie lachen, blicken neugierig umher und staunen. Viele von ihnen sind zum ersten Mal in der Schweiz. Die Sauberkeit des Dorfes, die katholische Kirche und die Osterhasen haben es ihnen besonders angetan. «Sie haben haufenweise Schokolade-Osterhasen eingekauft», lacht Raffaele Gentile. Am Sonntagmorgen besuchte die italienische Gruppe gemeinsam den Gottesdienst in der Wohler Kirche. «Alle waren glücklich hier in Wohlen, es hat ihnen gefallen und
sie wollen wiederkommen – irgendwann», sagt Gentile.


Raffaele Gentile ist der OK-Präsident des speziellen Anlasses. Den 73-Jährigen kennt man aus früheren Zeiten als Fussballer beim FC Wohlen, jahrelangen Fussball-Schiedsrichter oder als Ladenbesitzer an der Steingasse (Gentile Pokale). Nun ist er pensioniert, aber noch sehr passioniert. Deswegen organisierte er diesen christlichen Anlass gerne. Ihm halfen Gabriele Mirarchi (aus Aarburg) und Aiello Pantaleone (aus Oberentfelden). Dazu gab es Unterstützung von der «Missione Cattolica» aus Aarau, Schönenwerd und Wohlen.

 Gentile stammt – wie rund 15 weitere Wohler Familien – aus Staletti. Eine Gemeinde mit rund 2500 Einwohnern in der italienischen Region Kalabrien. Gentile selbst sagt: «Ich stamme aus Staletti. Meine Heimat aber ist Wohlen.»

1500 Kilometer für drei Stunden Aufführung


Alle Mitglieder des Vereins «Associazione Culturale Filippo Orioles» stammen aus Staletti. Sie wurden von Italienern aus Wohlen eingeladen, um die Leidensgeschichte von Jesus Christus nachzuspielen. Auf Italienisch heisst das «il dramma sacro sulla passione di Cristo». Der Theaterverein sagte zu und führte diese Oper erstmals im Ausland auf. Am Mittwoch vor Ostern fuhr die Gruppe um 18 Uhr mit dem Car in Staletti los. Am Donnerstagmorgen um 11 Uhr war man in Wohlen. Distanz: 1500 Kilometer. Man bezog die Unterkunft in der Zivilschutzanlage der Hofmatten. Gentile beschreibt diese als sehr schön. «Es war angenehm, sie haben sich wohlgefühlt. Und Kurt Joho, der für die Zivilschutzanlage verantwortlich war, kümmerte sich hervorragend um die Bedürfnisse der Italiener.»
Am Donnerstag und Freitag wurde im Wohler Casino für die Oper geprobt. «Auch die Verantwortlichen des Casinos waren zuvorkommend», so Gentile. Er möchte allen danken, die den Aufenthalt der italienischen Gruppe so angenehm gestaltet haben. «Ein Dank geht an die gesamte Gemeinde Wohlen. Wir sind ausschliesslich auf freundliche Menschen gestossen und haben bei der Gruppe einen super Eindruck hinterlassen», so Gentile.
Dies bestätigt Maurizio Condito, das Oberhaupt der «Filippo Orioles». Er bedankt sich auf Facebook bei allen Beteiligten und sagt: «Es war eine schöne Erfahrung in Wohlen. Ein einzigartiges Erlebnis.»

250 Zuschauer im Casino

Nach nur zwei Proben im Casino galt es am Samstag ernst. Vor 250 Zuschauern führte man die Ostergeschichte auf. Vom Tod bis zur Auferstehung. In der Heimat hat man seit vergangenem Oktober dafür geübt. Es dauerte über drei Stunden. «Wenn es in Staletti aufgeführt wird, dauert es bis zu acht Stunden», sagt Gentile. Die Anwesenden im Casino waren gerührt und fasziniert zugleich. Mit viel Enthusiasmus und Leidenschaft gingen die Protagonisten ans Werk. Gentile selbst hatte auch eine Rolle in der Aufführung.
 Am Samstagabend hat man miteinander gegessen. Am Sonntagmorgen folgte der Besuch des Gottesdienstes in der Wohler Kirche. Dem Wohler Gemeinderatsmitglied Ruedi Donat überreichten die Italiener als Dank ein Präsent. Am Sonntag um 18 Uhr fuhren sie wieder zurück in die Heimat – mit vielen schönen Erinnerungen. Und sie selbst haben auch einen positiven Eindruck hinterlassen. Sie nahmen einen gigantischen Aufwand auf sich, nur um den Menschen hier eine Freude zu bereiten. Denn finanziell (der Eintritt zur Oper kostete 15 Franken) wird man wohl ziemlich genau eine schwarze Null schreiben. Es ging aber auch nie ums Geld, sondern um die Ostergeschichte.


Gentile selbst ist nun erschöpft. Es sei viel Aufwand gewesen. Die Organisation von Anfang bis Ende für 70 Personen – man glaubt ihm, wenn er lächelnd sagt: «Ich brauche jetzt erst mal Ferien.»

Stefan Sprenger


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